Die Geschichte des Hasenbergls beginnt nicht erst mit der Trabantensiedlung „Am Hasenbergl“, die der Münchner Stadtrat in Zeiten größter Wohnungsnot am 14. April 1959 beschloss und mit deren Bau bereits im Herbst 1959 begonnen wurde. In rund 70 Tafeln zeichnet Mai die Geschichte und die Entwicklung des Stadtviertels nach, dessen Name auf eine alte Flurbezeichnung zurückgeht. Das Hasenbergl war seinerzeit die einzige natürliche Erhebung in der Münchner Schotterebene zwischen Isar und Würm. Zunächst nannte man den kleinen Hügel Laimpichl (Lehmbuckel, 1697), dann Küniglberg (1753), Kaninchenberg (1812) und schließlich um 1900 Hasenbergl.
Vom Jagdrevier zum Exerzierplatz, vom DP-Lager zur Großsiedlung
Viel los war in der Gegend anfangs nicht. Die hohen Herrschaften, die in Schleißheim weilenden Kurfürsten, kamen gerne, um die vielen Hasen zu jagen. Die Feldmochinger dagegen mieden die Gegend, hatten sie dort doch ihren Pestfriedhof, weit weg vom Ort, nördlich des heutigen Hasenbergls, wo heute in etwa das Frauenholz- oder Flaucherkreuz der Kirche Mariä Sieben Schmerzen steht. Hier beerdigten sie beispielsweise ihre Pesttoten von 1632, mitten im 30-jährigen Krieg (1618 – 1648). Ab etwas 1580 stand dort die sogenannte Schinderhütte, in der der Abdecker seine Werkzeuge aufbewahrte. Und daneben gab es ab etwa 1890 einen kleinen Bauernhof mit Ausflugsgaststätte, betrieben von der Wirtsfamilie Flaucher. Südlich davon stand der „Waldhof“, eine Gärtnerei mit Baumschule, die sich auf die Champignonzucht spezialisiert hatte. Mit Schreiben vom 29. März 1928 wurde die Gemeinde Feldmoching aufgefordert, 185 Tagwerk Grund im Tausch abzugeben, um den „Aufbau einer Militäranlage mit Exerzierplatz“ zu ermöglichen. Bis 1930 mussten deshalb rund 20 Häuser auf der Heide geräumt werden.
Da der Flughafen in Schleißheim ab 1935 Teil der systematischen Kriegsvorbereitung Deutschlands wurde, errichtete man für das technische Bodenpersonal der Luftwaffe, das dort seine Grundausbildung erhielt, kurz vor Kriegsbeginn 1939 eine Baracken“stadt“ südlich des Flughafengeländes, hingeduckt am Rande des Waldes.
Nach Kriegsende wurden in diesem ehemaligen Lager erst US-Soldaten und ab März 1946 bis Frühjahr 1953 sogenannte Displaced Persons, vor allem Ukrainer und Russen, untergebracht. Das DP-Lager, eines der größten Bayerns, wurde am 17. April 1953 aufgelöst, von der Stadt München am 1. Juli 1953 gekauft, für 1.947.000 Mark saniert und als „Notwohnanlage Frauenholz“ betrieben, um wohnungslose Münchner Familien vorübergehend unterzubringen. Schließlich waren nach Kriegsende in München 45 % aller Hochbauten zerstört, darunter etwa 82.000 Wohnungen. Am 11. Juli 1964 beschloss der Stadtrat, das Lager aufzulösen. Nach seinem Abriss entstand dort das Hasenbergl Nord, dessen Ruf nicht besser war: Innerhalb weniger Monate wurden an der Stösser-/Wintersteinstr. 320 Wohnungen gebaut, weitere 720 „Unterkunftseinheiten“ folgten bis 1958, in die nicht nur die ehemaligen Bewohner der 50 Baracken – 580 Parteien mit 2.484 Personen –, sondern auch Obdachlose aus anderen Stadtteilen untergebracht wurden. Das zementierte, so Ausstellungsmacher Mai, den Ruf des Viertels als „Armenhaus“ Münchens. Schon der damalige Name des Projekts „Resozialisierungsprogramm der Landeshauptstadt München“ spricht Bände. Auf weiteren Tafeln zeigt Mai, wie sich das „Glasscherbenviertel“ bis 2010 positiv entwickelte.
Von Häuschen und Hochhäusern
Gebaut wurde nach dem Krieg aber nicht nur ganz im Norden des Hasenbergls, sondern auch südlich davon zwischen Weitl- und Dülferstr., wo zwischen Mitte 1953 bis Ende 1954 in einem ersten Bauabschnitt 50 Häuser der „Selbsthilfesiedlung Hasenbergl“ entstanden. Weitere 51 Häuschen folgten in einem zweiten Abschnitt. Hier zogen überwiegend städtische Beamte, Angestellte und Arbeiter ein, deren „Eigenkapital“ in Arbeitsleistung bestand. Gegen Ende der 1950er-Jahre entstand zwischen Ittlinger-, Weitl-, Rainfarn- und Leisewitzstr. eine weitere Eigenheimsiedlung, „Neu-Hasenbergl“ genannt.
Umgeben sind diese kleinen Häuser von der Wohnsiedlung „Am Hasenbergl“, die der Stadtrat im April 1959 beschloss. Ursprünglich waren auf dem 80 bis 90 ha großen Planungsgebiet unter der Federführung der Neuen Heimat nur rund 3.000 Wohnungen in zwei Bauabschnitten geplant, letztlich wurden es 5.528. Darunter auch 48 Atriumbungalows am Südrand der Siedlung, an der heutigen Weitlstr., die überwiegend an Ärzte und Beamte verkauft wurden.
Ab November 1965 bis Ende 1968 entstanden in einem weiteren Schritt auf einem bis dato ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Areal – an der Stelle des Wohnstifts Augustinum war früher beispielsweise die Gärtnerei Weigl – 1.788 Wohnungen für 6.903 Personen. Das Hasenbergl Süd.
Von Ballonpost, Münchens erstem Privatsender und der Linie 8
Ausstellung und Buch widmen sich im Weiteren der evangelischen Kirche und den beiden katholischen Pendants, dem „Sozialen Beratungsdienst“ (dem Vorläufer der Diakonie Hasenbergl), den Einkaufszentren sowie sonstigen Versorgungseinrichtungen, der Großgaststätte Mathäser (wo bei Faschingsbällen schon mal an die 1.000 Hasenbergler tanzten und Bundeskanzler Helmut Schmidt 1983 eine Wahlkampfveranstaltung besuchte), den Schulen, dem Heilpädagogischen Zentrum, der Jungen Arbeit, dem ersten Abenteuerspielplatz Münchens, dem Dülfers, dem Lichtblick Hasenbergl, dem Kulturzentrum 2411 … Man erfährt witzige bis interessante Dinge wie die erste Hasenbergl Ballonpost zugunsten der Orgel der Evangeliumskirche oder dass am Hasenbergl einmal die „Hasenbergl HZ Zeitung“ erschien und Münchens erster Privatsender „Radio Hasenbergl“ von der Dülferstr. aus auf „Sendung“ ging. Dass Pfarrer Matthias Keilhacker, der 35 Jahre in St. Nikolaus als Seelsorger tätig war, des Öfteren am Hasenbergl Besuch von Josef Ratzinger bekam. Die beiden hatten zusammen studiert und waren seit dieser Zeit befreundet. Buch und Ausstellung behandeln ferner die öffentlichen Verkehrsmittel, die legendäre Linie 8 und den 81er-Bus mit Endstation am Anhalter Platz von anno dazumal sowie die U-Bahn von heute. Thematisiert werden auch die negative Berichterstattung in den Medien („Monte Karnickel“) sowie neuere Entwicklungen im Hasenbergl: etwa die Ergänzungsbauten und Sanierungen, das Entwicklungskonzept Hasenbergl und das Projekt Soziale Stadt Hasenbergl, im Rahmen dessen bis 2009 viele Verbesserungen erreicht wurden wie eine verbesserte Aufenthaltsqualität, mehr Garagen, ein besseres Fuß-/Radwegenetz, Bewohnertreffs …
Die Ausstellung ist bis zum 27. September montags bis freitags von 9 bis 20 Uhr zu besichtigen (Ausnahme: die Ferien). Am Wochenende ist bei Veranstaltungsbetrieb gleichfalls eine Besichtigung möglich. Der Eintritt ist frei. Das Buch zur Ausstellung kostet 5 Euro und ist beim VHS-Büro im Kulturzentrum 2411 (Blodigstr. 4, 2. Stock) erhältlich.