Auch im vierten Jahr ihres Bestehens legte die Ausbildungsmesse weiter zu: Als um 10 Uhr die Pforten geöffnet wurden, zog sich die Schlange der Interessierten durchs ganze Treppenhaus zwei Stockwerke hinunter bis zur Eingangstür. Und bis weit nach Mittag mussten die Vertreter der ausstellenden Betriebe – von A wie Aldi bis W wie Werner’s Motorradservice – ununterbrochen mit Interessierten reden, Fragen beantworten, Ausbildungsmöglichkeiten und Anforderungen darstellen … Die meisten Firmen sammelten auch zig Bewerbungen ein und viele zeigten sich zuversichtlich, noch den ein oder anderen freien Ausbildungsplatz mit einem geeigneten Bewerber besetzen zu können. Bei der Dachdeckerei Horst Hipper etwa, die die letzten Jahren für „zu viele Tausende von Euro“ im Internet und in Zeitungsannoncen um Facharbeiter geworben und deshalb beschlossen hatte, selbst auszubilden, kam auf sieben Interessenten für ein Praktikum. Drei davon würde man sofort einstellen, so hieß es am Stand, darunter einen in Deutschland geborenen Inder sowie einen jungen Mann aus Afghanistan, der seit vier Jahren hier lebt und inzwischen schon recht gut Deutsch spricht.
Deutsche Sprache ist Schlüssel zum Erfolg
Apropos Deutsch. Gute Deutschkenntnisse, das bekamen wir von allen Ausstellern zu hören, ist mit das wichtigste Bewerberkriterium, sei es nun bei Frisör Klier (er hat heuer schon 22 Azubis eingestellt, würde aber gerne noch sechs bis acht nehmen – auf der Messe sammelte man acht Bewerbungen ein und 12 Jugendliche bekundeten ihr Interesse), bei der Seag, der Sendlinger Elektro-Anlagen Greil (die Firma hat bereits 18 Ausbildungsplätze besetzt und sucht noch einen Azubi im Bereich Energie- und Gebäudetechnik; Projektleiter Irmen, der in der Firma für die Azubis zuständig ist, nahm an diesem Samstag 20 Bewerbungen in Empfang), oder bei Gerüstbau Raetz (fünf Ausbildungsstellen hat Raetz noch frei, denn bislang fand sich kein einziger geeigneter Bewerber; von den 30 bis 40 Kontakten und den fünf bereits eingegangenen Bewerbungen hofft man aber, noch den ein oder anderen Azubi zu gewinnen).
Auch bei der Bäckerei Wimmer stapelten sich in drei Häufchen die Bewerbungen. Zehn freie Stellen hat das Unternehmen im Bereich Verkauf; fürs Büromanagement sucht Wimmer einen Azubi, während man im Konditorbereich zwei jungen Leute eine Ausbildungsstelle bieten könnte. Und Interessenten für eine Bäckerlehre würde man alle nehmen, so Schulungsleiterin & Ausbilderin Gabriela Felzer. Leider hatte auch an diesem Tag keiner daran Interesse.
Wimmer hat bei der letzten Last-Minit-Messe übrigens einen jungen Deutschen und eine Kroatin als Fachverkäufer-Azubis gewinnen können und ist mit beiden sehr zufrieden. Angetan scheinen aber auch die Auszubildenden zu sein: Der junge Mann etwa hat offensichtlich seiner Freundin so viel Positives über seine Ausbildung erzählt, dass diese nun auch bei Wimmer eine Lehre beginnt!
Schade nur, dass kein Vertreter aus den Pflegeberufen anwesend war, obwohl alle Einrichtungen angefragt worden waren. Denn viele Jugendliche interessierten sich an diesem Tag für einen Pflegeberuf, wie es von Seiten der Volkshochschule hieß.
Ein kleiner Blick auf die Statistik
Laut einer Evaluation des Referats für Arbeit und Wirtschaft, das zusammen mit der Münchner Volkshochschule, der Handwerkskammer sowie der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern und der Agentur für Arbeit die Ausbildungsmesse organisiert, waren im vergangenen Jahr 30 % der ausstellenden Firmen davon überzeugt, dass sie ihre freien Ausbildungsplätze gut besetzen können, 57 % meinten, das werde ihnen teilweise gelingen und nur 13 % gaben an, dass dies überhaupt nicht klappen werde. Auf die Frage, ob die jugendlichen Bewerber, die bei ihnen vorsprachen, gut vorbereitet gewesen seien, gaben die Befragten an, dass 12 % „blank“ waren und nur 8 % wirklich gut vorbereitet waren. 80 % der Jugendlichen war teilweise gut vorbereitet.
Gefragt nach dem Bildungsniveau der Interessenten, bekam das Referat von den Ausstellern zur Antwort: 14 % ohne Schulabschluss, 37 % mit Hauptschulabschluss, 33 % mit Quali und 16 % mit Realschulabschluss. Die Organisatoren wollten auch wissen, wie die Aussteller die Deutschkenntnisse der BewerberInnen beurteilten. Danach hatten 6 % sehr gute Deutschkenntnisse, 3 % schlechte, 38 % gaben „mittel“ an und 53 % „gut“.
Auf die oft diskutierte Frage, ob die Jugendlichen denn mit ihren Eltern kommen sollten, hatten die Aussteller eine klare Einstellung: 61 % meinten: „Ja, unbedingt! Nur wenn das Elternhaus auch die Ausbildung unterstützt, gelingt eine erfolgreiche Ausbildung“. 25 % war’s egal, ob die Eltern mitkamen, lediglich 14 % legten keinen Wert auf deren Begleitung.