An die 70 BürgerInnen, nicht nur aus der Lerchenau, sondern auch aus der Fasanerie, Feldmoching, ganz München und darüber hinaus, fanden sich gegen 15.30 Uhr ein, um vor der Delegation aus Fachleuten und Politikern noch einmal zu demonstrieren, wie wichtig dieses Haus für das Stadtviertel ist. Von Seiten des neuen Eigentümers war, wie auch Robert Brannekämper bedauernd feststellte, keiner der Vorstände gekommen. Die Interessen der Raiffeisenbank-Stiftung vertraten lediglich ein äußerst mürrischer Hausmeister (er fotografierte die Demonstrierenden) und ein nicht minder unwirscher Architekt, der offensichtlich für den Neubau verantwortlich zeichnen soll und beispielsweise BA-Mitglieder, Historiker sowie Siedlervereinsvorstand Reinhard Bauer äußerst unfreundlich am Betreten des Grundstücks mit der Delegation hinderte.
Reinhard Bauer: „Wir haben leider schon viele Häuser gehen lassen müssen“
Das Landesamt für Denkmalpflege hat dem Künstlerhaus die Denkmaleigenschaften abgesprochen, weil vom Handlauf bis zum Holzboden, von den Jalousien bis zu einem (nicht genehmigten) Anbau auf der Hausrückseite vieles verändert worden sei, auf dass das 1911 errichtete Haus seine historischen Elemente verloren habe, so wiederholte Burkhard Körner vom Landesdenkmalamt nach der gut zehnminütigen erneuten Besichtigung des Hauses seine Argumente, warum er dem Zehentbauerhaus die Denkmalwürdigkeit abspricht. Solche Häuser gebe es, für sich genommen, mehrfach in Bayern, meinte er.
Für die Lerchenauer hingegen ist es das letzte seiner Art, das noch von der Gründerzeit des Stadtteils kündet. Für sie ist es in der baulichen Ödnis der Lerchenauer Str. ein Juwel, ein identitätsstiftender Hingucker. Und auch BA-Vorsitzender Markus Auerbach verwies darauf, dass dies das letzte Künstlerhaus im Münchner Norden sei, das noch von der einstigen „Künstlerkolonie“ kündet: Verschwunden sind längst die Häuser von Karl Wahler (dem Professor der Kunstgewerbeschule München, der mit großen Namen wie Gabriel v. Seidl arbeitete und zu seiner Zeit ein sehr gefragter, viel beschäftigter Künstler war) und die wunderschöne Villa des akademischen Bildhauers Wilhelm Göring (dem der Kulturhistorische Verein dieses Jahr eine Ausstellung widmete).
Atelier stört die Bankfunktionalität
Auch Walter Irlinger, Abteilungsleiter beim bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, rechtfertigte seine ablehnende Stellungnahme, die doch einigermaßen im Widerspruch steht zur Stellungnahme
einer Kollegin aus Nordrhein-Westfalen, die das Haus noch zu Lebzeiten des Schwiegersohns von Otto Zehentbauer besichtigen durfte. Sie hält, wenn schon nicht das Haus, so doch in jedem Fall das gut erhaltene Atelier für unbedingt schützenswert, da es in lebendiger Weise von der Größe des Krippenbauers künde. Irlinger erläuterte, dass der Denkmalschutz eben hohe Hürden habe. Man habe das Haus, ausgehend von der Substanz, in der zeitlichen Tiefe anhand der Bauunterlagen geprüft und dabei unterschiedliche Änderungsschichten ausgemacht. Aber das Atelier, so meinten Irlinger und Körner dann doch, sei durchaus erhaltenswert. Eine mögliche Kompromisslinie mit dem neuen Eigentümer? Brannekämpers Frage an den anwesenden Architekten, ob er sich denn eine irgendwie geartete Integration des Künstlerateliers in das neue Bankgebäude vorstellen könne, wurde von diesem kategorisch in wenigen Worten abgetan, nach dem Motto, das passe nicht in die Funktionalität.
Ein Haus ist ein Haus und „lebt“
Brannekämper gab den „Denkmalschützern“ zu Bedenken, dass ein Haus doch keine Münze sei, die man hinter Glas in eine Vitrine lege, auf dass sie für ewige Zeiten geschützt ist. Ein Haus lebe mit
seinen Bewohnern. Wie eben auch das Zehentbauerhaus 1929 vom Krippenkünstler selbst eine Ateliererweiterung bekam sowie einen Anbau am Eingangsbereich aus den 1930er-Jahren. Die beanstandeten Veränderungen, so gaben einige Lerchenauer, aber auch der Architekt Heiko Folkerts aus Weilheim zu Bedenken, könnten doch leicht wieder rückgängig gemacht werden. Letzterer plädierte dafür, dem Heimatstil, der wie die Bauhausrichtung von Mies van der Rohe zur Moderne gehöre, ja aus dem Architekten wie Mies überhaupt erst einmal geschöpft hätten, mehr Wertschätzung entgegenzubringen, da er eine tolle Ergänzung sei, um die eigene Geschichte präsentierten.
Am morgigen Mittwoch wird sich der Petitionsausschuss des Landtags ab 10 Uhr unter anderem mit dem Zehentbauerhaus befassen.