Die Ausstellung von 23 Wenban-Radierungen, allesamt im Besitz der Stiftung der Raiffeisenbank München-Nord, bietet die Möglichkeit einer Zeitreise und eröffnet interessante Einblicke ins Münchner Leben anno dazumal. Vor allem dann, wenn man einen so kompetenten Führer wie Wolfgang Christoph an seiner Seite hat, der sich seit Jahrzehnten nicht nur mit der Ortsgeschichte beschäftigt, sondern auch als einer der ersten schon 1985 den nicht nur geschichtlichen Wert von Wenbans Radierungen erkannte und durch eine Ausstellung im Schalterbereich der Bank deren Vorstandschaft auf den Künstler aufmerksam machte. Als dann noch die Kunstexperten der Staatlichen Graphischen Sammlung München, die selbst über 100 Zeichnungen und Radierungen von Wenban besitzt, dessen künstlerischen Wert bestätigten, nickten die Banker zum Aufbau einer Wenban-Sammlung. Inzwischen hat Christoph an die 125 Wenban-Exponate gesammelt und katalogisiert. Für so viel ehrenamtliches Engagement zollte ihm Stiftungsvorstand Sebastian Dienelt denn auch in seiner Eröffnungsrede Dank und Anerkennung.
Das leuchtende München zog auch Wenban an
Der 1848 als Sohn englischer Einwanderer in Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio geborene Wenban kam 1878 über England und Paris nach München an die Akademie der Bildenden Künste, um sich dort künstlerisch weiterzubilden. In USA hatte er zunächst eine Ausbildung zum Retuscheur absolviert und sich dann mit einigen Gleichgesinnten autodidaktisch die Technik der Radierung beigebracht. Während seines Studiums in München verbrachte Wenban bereits 1880 erstmals einen Sommer in Oberschleißheim. Dort fand er in einem sonst unbewohnten Teil der ausgedehnten Nebengebäude des königlichen Schlosses eine primitive Wohnung. Aus dieser Zeit stammen seine Radierungen mit Motiven aus Unter-/Oberschleißheim, Feldmoching und dem Dachauer Umland. Sie erzählen vom abgeschiedenen, aber auch rauen und kargen Landleben, bestimmt vom Moos. Denn wie seine französischen Kollegen aus der Schule von Barbizon zog es Wenban zum Malen hinaus in die Natur. (Um nicht ständig Wind und Wetter ausgesetzt zu sein, hatte er sich einen Schäferkarren organisiert!)
Diese Bilder werden gezeigt
Für die momentane Ausstellung hat Christoph ausschließlich Münchner Motive ausgewählt. Zu sehen sind etwa: der Stachus mit seinem „Bügeleisenhaus“ – das markante Haus am Eck erinnerte unsere Vorfahren offensichtlich an ein Bügeleisen; ein Bild vom ehemaligen Tivoli-Park und der Tivolimühle am Englischen Garten, der dem Wiener Prater nachempfunden war und wohin die einfachen Münchner Leute an Sonntagen einen Vergnügungsausflug unternahmen und wo sich heute der Tucherpark erstreckt; der alte Ostbahnhof aus Holz, der bald ein Opfer der Flammen wurde; der Bahnhof, das Sendlinger Tor, das Oktoberfest, Isarbrücken, Flößer… Und zu allen dargestellten Motiven weiß Christoph viele amüsante Details, so dass die Führung äußerst kurzweilig gerät.
An diesen Tagen ist die Ausstellung zu besichtigen
Daniela Benker, Leiterin des Kulturamts der Stadt Unterschleißheim, verwies in ihrer Ansprache anlässlich der Vernissage am 18. Februar darauf, dass die Stadt Unterschleißheim nicht nur eine Schulstadt sei, sondern neben Germering das zweitgrößte Kulturreferat im Münchner Landkreis besitze mit über 700 Abonnenten. Die Stadt sammle selbst eine wenig, aber die größte Privatsammlung sei in jedem Fall die der Raiffeisen Stiftung. Für Benker sind Wenbans Bilder eine „Liebeserklärung an die Stadt München, bevor sich die Kriege verheerend auswirkten“. Denn damals war München nicht etwa wegen seiner Banken, wegen der Automobilindustrie oder sonstiger Arbeitsplätze gefragt. Wenban & Co. kamen, weil die Akademie der Bildenden Künste Weltruhm genoss, die bayerischen Könige Künstler und Architekten förderten und Dichter und Denker an der Isarmetropole den Ton angaben. Es war die Zeit, als München zu den führenden Kunstmetropolen der Welt zählte, als „München leuchtete“, wie es Thomas Mann, selbst ein „Zuagroster“ aus dem hohen Norden in „Gladius dei“ formulierte.
Kunstinteressierte können die Ausstellung in der Raiffeisen-Galerie (Unterschleißheim, Bezirksstr. 50, Rückgebäude) an folgenden Tagen besichtigen:
Sonntag, den 21. Februar von 11 bis 14 Uhr
Donnerstag, den 25. Februar von 16 bis 19 Uhr.
Ortschronist Wolfgang Christoph steht für geführte Rundgänge und Fragen an diesen Tagen zur Verfügung. Eintritt und Führung sind kostenlos.