Es gibt Fußgänger, und es gibt Rollifahrer. Maximal zwei Fußgänger sind beim Rollstuhlbasketball auf dem Feld erlaubt und der Trainer muss gut rechnen können, denn mehr als 14,5 Punkte pro Mannschaft dürfen nicht auf dem Feld stehen, genauer gesagt herumkurven. Was sind denn das für Regeln, wird sich nun der ein oder andere denken. Ganz einfach: je nach Behinderungsgrad und Handicap werden die Basketballspieler funktional klassifiziert: Je eingeschränkter er in seinen Bewegungen ist, desto weniger Punkte hat er. Ein unbehinderter Spieler hat 4,5 Punkte.
Der USC München Rollstuhlsportverein hat 130 Mitglieder, von denen viele aktiv spielen: Menschen mit Querschnittslähmung, mit spastischer und sonstiger Behinderung, teils von Geburt, teils durch Unfall. An diesem Vormittag erklären Jan Wimmer, Trainer und Spieler der dritten Mannschaft in der Landesliga, und Sebastian Sauer (27), Mitglied in der 1. Bundesligamannschaft und zur Auswahl für die Sommer-Paralympics 2016 nominiert, den gespannt lauschenden Kindern nicht nur, wie das Dribbeln im Rollstuhl geht. Sie berichten zusammen mit Astrid Unterreiner, der Presssprecherin des USC, über die Geschichte des Rollstuhlbasketballs, das schon 1896 erfunden wurde und seit 1960 Bestandteil der Paralympischen Sommerspiele ist. Doch zunächst beantworten sie viele Fragen der Kinder: Was ist der Unterschied zwischen einem Alltags- und einem Sportrolli? (Letzterer hat hinten noch ein drittes kleines Stützrad, das bei den vielen Alltagsschwellen stören würde, im Sport aber dafür sorgt, dass der Rollstuhl nicht so leicht nach hinten kippt. Auch hat ein Sportrolli keine Bremsen.) Wie wird ein Sportrolli gelenkt? (Natürlich mit den Händen – daher haben Rollifahrer auch eine gut trainierte Armmuskulatur und breite Schultern –, aber auch mit der Hüfte, denn ein Sportrolli ist beweglicher.) Wie schnell ist man mit einem Rollstuhl unterwegs? (16 bis 20 km) Wie spielt man Rollstuhlbasketball? („Ein bisschen wie Autoscooter.“ Also mit dem Rolli darf man den Gegner blockieren, aber nicht mit den Händen nachhelfen. Ansonsten sind die Regeln fast gleich, wie auch der Korb in gleicher Höhe hängt wie beim „normalen“ Basketball.) Was macht man, wenn der Rolli umstürzt? („Du stolperst doch auch mal“? Also gleich wieder hochkommen. – Was die angeschnallten Profis erstaunlich gut und gelenkig beherrschen, wie Sebastian Sauer eindrucksvoll demonstrierte.) Ist Rollstuhlfahren nicht anstrengend? (Jan Wimmer: „Laufen ist doch auch anstrengend“?!)
Stiftung Pfennigparade stellte Sportrollis zur Verfügung
Konrektorin Alexandra Wolff von der Grundschule an der Eduard-Spranger-Str. würde die Inklusion, das gemeinsame Unterrichten von Kindern mit und ohne Behinderung, gerne sofort in die Tat umsetzen. Doch das Schulhaus gibt das nicht her – mit einem Treppenlift, so ist sich die Pädagogin sicher, könnten sie alles schaffen. Der Antrag sei längst eingereicht, aber …
Die SPD-Landtagsabgeordnete Diana Stachowitz, deren Team den Besuch organisiert hat, möchte deshalb, dass endlich an Schwerpunktschulen, die in Sachen inklusiver Unterricht vorangehen möchten, investiert wird in deren Umbau. „Es muss endlich ein Plan her, welche Schulen sich auf den Weg machen“, so die engagierte Politikerin. Darüber hinaus sollten auch Sportvereine, die sich die Inklusion auf ihre Fahnen schreiben, zusätzliches Geld für den inklusiven Umbau ihrer Sporthallen oder Mehrzweckhalten erhalten. Es brauche verlässliche Rahmenbedingungen, nicht nur für den barrierefreien Umbau von Ministerien und öffentlichen Gebäuden.
Abgesehen von dem mächtigen Muskelkater, den tags darauf gewiss alle Kinder hatten, war es ein ungemein fröhlicher, spannender Vormittag, der neue Einsichten weckte und half, Berührungsängste abzubauen. Und für die Klassengemeinschaft war der Vormittag gleichfalls förderlich: So jagte schon mal ein „Fußgänger-Junge“ hinter einem in der Turnhalle davonspringenden Ball her, um ihn einer Schulkollegin im Rolli zu überreichen.