
Am Schluss war sich das Premierenpublikum einig: Das war die beste Vorstellung des Feldmochinger Volkstheaters seit langem. Zum einen ist das neue Stück eine kluge, zeitkritische Komödie, die weder eine Liebesgeschichte zum Inhalt hat noch die ob der Flüchtlings- und Migrationsthematik doch reichlich veraltet wirkende Hassliebe zwischen Bayern und „Preißn“. Die Komödie ist witzig, ohne billige Slapsticks, hat nachdenkliche Passagen und eine klare moralische Botschaft, ohne moralinsauer daherzukommen. Und sie ist spannend bis zum unerwarteten Schluss. Auch sind sämtliche Rollen hervorragend besetzt und die Regie (Georg Hölzl) hat einige wunderbare Ideen gelungen umgesetzt. Der langanhaltende Applaus war absolut verdient.
Den beiden Autoren, Markus Scheble und Sebastian Kolb, die die Premiere selbst miterlebten, ist mit der Komödie „Im Pfarrhaus is da Deife los“ ein wirklich großer Wurf gelungen. Natürlich wartet auch dieses erst 2014/15 geschriebene Stück mit Übertreibungen und Klischees auf, um etwa die beiden Hauptprotagonisten überspitzt darzustellen: hier der stockkonservative, jeder Veränderung abholde Hochwürden Bürstel (wunderbar einfühlsam gespielt von Franz Steiner), der gerade ziemlich „foudagrantig“ ist, weil ihn seine Schwester und Haushälterin Mechthild (herrlich komisch gespielt von Christa Holzer) mit ihrem „biologisch-dynamischen Wahnsinn“ malträtiert, mit ihrem „Sojakern und den Dinkelkarotten“ sowie dem „grünen Tee aus dem komischen Land Ayurveda, wo alle gsunde Sacha herkomma“.
Als der hungrige Bürstel auf der Suche nach was Leckerem, das seine Schwester nicht konfisziert hat, die frisch mit Bohnerwachs gewienerte Kellertreppe hinunterfällt und sich das Bein bricht, schickt ihm das Ordinariat nicht etwa den noch konservativeren Ackermann, Bürstels Mentor und angebetetes Vorbild, zur Aushilfe. Es kommt ein Pfarrer Karl Wolf (wie immer mit großer Bühnenpräsenz: Reinhold Forster). Der braust auf seiner Höllenmaschine ins Dorf und betritt in Ledermontur, Helm unterm Arm und megacooler Sonnenbrille auf der Nase das Pfarrhaus (auch das Bühnenbild ist dieses Mal besonders liebevoll gestaltet und äußerst gelungen: Bühnenbau: Franz Steiner, Bühnenmalerei: Fritz Jenewein; Bühnenausstattung: Georg Hölzl, Christa Holzer). Ab diesem Zeitpunkt ist im Pfarrhaus nichts mehr so, wie es vorher war, auf dass im zweiten Akt selbst das Kreuz schief hängt.
„Wir richten zu schnell über Menschen“
Während Bürstel gerne von strenger Hand und straffen Zügeln spricht, sind Pfarrer Wolfs Lieblingsworte „alles cool“, „sauguad“, „alles easy“ oder „entspann di“. Die zuvor von Bürstel fürs Patrozinium verworfenen Gospellieder („wozu die Negermusik, wo die Gemeinde doch keinen einzigen Schwarzen hat?“), die Chorleiterin Monika (Marianne Steiner) zur Abwechslung vorschlug, findet Wolf echt klasse. Er will die „Kirch rockn“ und manches Lied sogar noch mit einem Gitarrensolo aufpeppen (klasse imitiert!).
Aber den Bürstel wundert bald gar nichts mehr, schließlich hat er bei einem
Anruf im Ordinariat erfahren, was „des für einer is.“ Schnell wird aus einem Vorurteil ein vorschnelles Urteil aufgrund von Äußerlichkeiten, aus einem Ratsch ein abfälliges Gerede (kaum dreht jemand der anderen den Rücken zu) und eine haltlose Beschuldigung, vorgebracht von der ach so sittenstrengen Gundula Krätz, ihres Zeichens Vorsitzende des Kirchenrates (eine wunderbare Rolle und sehr gut gespielt von Marina Kolmeder). Weiter wird nun aber nichts verraten.
Nur zwei wollen wir noch hervorheben: die beiden Ministranten Maxi (herrlich gespielt von Laurenz Zech) und Franzl (Matthias Biberger, der sich ebenfalls wunderbar natürlich auf der Bühne bewegte). Die beiden spielten die stets zu Streichen aufgelegten Ministranten sehr authentisch und äußerst gelungen. Bravo! Von ihrer Aufregung war wirklich nichts zu merken. Hoffentlich bleiben die beiden der Bühne ein wenig erhalten!
P.S.: In einer kleineren und für ihn völlig untypischen Rolle, die er trotzdem mit Bravour meisterte, war Maxi Zuleger als Zuhälter Checker zu bewundern. Sebastian Tartler spielte dessen stotternden Leibwächter Bonzo kongenial, ebenfalls eine gelungene Leistung. Und Manuela Schuster gab die sexy Tanzmaus, an der sich alle Verwicklungen erst entzündeten.