Es war ein ruhiger, gemütlicher Jahresempfang, den die CSU Hasenbergl am Donnerstag, den 21. April im Kulturzentrum 2411 mit zahlreichen geladenen Gästen abhielt. Die Reden standen unter dem Thema „Die Zukunft des Hasenbergls in einer sich ändernden Gesellschaft“. Viel ist in den letzten Jahrzehnten getan und gemacht worden am und für das Hasenbergl, um die Großsiedlung im Münchner Norden von den Vorurteilen zu befreien, die noch von den üblen Zuständen im längst abgerissenen DP-Barackenlager herrührten und wahrlich nichts zu tun hatten mit dem „normalen“ Leben der „kleinen Leute“ in den für damalige Verhältnisse äußerst modernen, großzügigen und von viel Grün umgebenen Wohnungen. Doch die einst Zugezogenen sind heute alt, ihre Kinder weggezogen und wer heute ans Hasenbergl zieht, hat überwiegend einen Migrationshintergrund.
Am Hasenbergl war das „Gemisch“ schon immer etwas bunter. In die vor rund 50 Jahren aus dem Boden gestampfte Trabantensiedlung zogen Tausende von Menschen, die durch den Krieg ihre Wohnung verloren hatten oder nach dem Krieg aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Dennoch besaßen die meisten Menschen damals den gleichen kulturellen Hintergrund. Heute dagegen treffen viele Kulturen im Hasenbergl aufeinander, was das Zusammenleben bereichert, aber auch zu Spannungen und Problemen führt.
Vier große Herausforderungen für das Hasenbergl
An diesem Abend jedoch war die Feierschar sehr homogen: Gastgeber Rainer Großmann, Bezirksrat und stellvertretender BA-24-Vorsitzender, konnte unter anderem begrüßen Vertreter von sozialen Einrichtungen wie der Diakonie Hasenbergl, der Jungen Arbeit, der Freizeitstätte Dülfers und des Seniorenstifts Augustinum, die Pfarrer der Evangeliumskirche und des Pfarrverbands St. Matthäus – St. Agnes, Vertreter von Siedler-, Turn- und Schützenvereinen sowie zahlreiche Mitglieder des CSU-Ortsverbands und des hiesigen Bezirksausschusses. Großmann ging in seiner Rede nicht nur auf das Erreichte ein, sondern formulierte auch die neuen Herausforderungen, vor denen das Hasenbergl steht: Die Bewohner werden immer älter und benötigen Unterstützung. Daher müsse endlich ein städtebaulicher Vertrag mit der Wohnbaugesellschaft Dibag abgeschlossen werden, damit auch der 24. Stadtbezirk ein Altenservicezentrum bekomme.
Am Hasenbergl wollen sich kaum mehr junge Ärzte niederlassen und mit dem Sparkurs am Schwabinger Krankenhaus wird sich die medizinische Versorgung im Münchner Norden weiter verschlechtern. Daher müssten die Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte unbedingt verbessert werden. Drittens forderte Großmann, dass die Wohnungsbaugesellschaften ihre Sozialwohnungen wieder flexibler vergeben können, auf dass die Kindergärten, Schulen und Vereine am Hasenbergl weiter ihren Integrationsaufgaben nachkommen könnten. In den letzten Jahren habe durch die strikte Vergabe von Sozialwohnungen der Anteil an Migranten im Hasenbergl spürbar zugenommen, so Großmann. Herausforderung 4: Die Auswirkungen der geplanten Anbindung der Schleißheimer Str. an die A99, der die CSU „nur zähneknirschend“ zugestimmt habe, so Großmann, sei nur dann für das Hasenbergl einigermaßen verkraftbar, wenn die Schleißheimer Str. wirklich in einem langen Tunnel bis zum FIZ geführt werde. Nur so bleibe das Hasenbergl ein liebens- und lebenswerter Stadtteil.
„Wir stehen vor Riesenproblemen“
Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer dankte zunächst den vielen Ehrenamtlichen, die erst durch ihr Engagement Heimat schafften, und ging dann recht schnell auf die großpolitische Lage ein, denn heute hänge alles mit allem zusammen und Konflikte irgendwo auf der Welt bekomme auch das Hasenbergl zu spüren. Singhammer, der vor kurzem erst den Krisenherd Sudan besucht hatte, sprach sich für stärkere Hilfe vor Ort aus. Dort sei sie zum einen viel effizienter. Zum anderen könnten nicht jedes Jahr eine Million Menschen kommen, auch die Mittel des reichen Deutschlands seien begrenzt und nur eine bestimmte Anzahl an Menschen lasse sich integrieren.
„Es geht nicht, dass Hasenbergler nach Harlaching zum Arzt fahren“
Der Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer, der später kam, aber zeitgerecht zu seinem Redebeitrag, ging vor allem auf soziale Aspekte ein, die beispielsweise eine veränderte Arbeitswelt (Stichwort: Industrie 4.0 mit mehr Selbstständigkeit der Arbeitnehmer und weniger Sicherheit – „verkraftet das die Gesellschaft?“), die demografische Entwicklung („dass der Anteil der Älteren immer größer wird, das gab es noch nie“) und das völlig veränderte Kommunikationsverhalten („alle beschäftigen sich beispielsweise in der U-Bahn nur noch mit ihrem Smartphone“), aber auch die Migrationsströme (auf dass das Miteinander nicht zu einer Überforderung wird) mit sich bringen. Unterländer sprach sich für vernünftige Regeln des Zusammenlebens aus und richtete seinen Blick auf die Familien, die zu 70 bis 80 % immer noch die Pflegearbeit leisteten. Auch die Altersarmut gerade bei alleinstehenden Seniorinnen ist ihm ein Anliegen. Es brauche einen Pakt für den Wohnungsbau (aber ob deshalb unbedingt aufgeständerte Wohnungen über Parkplätzen entstehen sollen, ließ Unterländer dahingestellt), „Hirnschmalz“ bei der Wohnungsvergabe sowie Krankenhäuser und eine ärztliche Versorgung in der Nähe, denn „es geht nicht, dass die Hasenbergler nach Harlaching zum Arzt fahren müssen“. Wobei er zugibt, dass dieses Thema ein „mühsames Geschäft“ ist. Aber kaum spreche man mit einer Wohnungsbaugesellschaft, plötzlich gebe es doch eine Genehmigung für eine Arztpraxis.
„Es muss noch Gestaltungsspielraum vor Ort sein“
Mechthilde Wittmann, seit 2013 im Landtag und dort u. a. Mitglied im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, weitete in ihrer abschließenden Rede den Horizont gen Europa und hinterfragte kritisch die Aufgabenverteilung zwischen den politischen Ebenen. Ihrer Ansicht nach haben die Länder einige Kompetenzen an die EU abgegeben, wofür die Politiker vor Ort jedoch von den Bürgern in die Verantwortung genommen werden. Man sollte sich deshalb Freiheiten in der politischen Gestaltung erhalten, um noch auf Themen einwirken zu können.
Nach diesen doch zum Teil sehr kritischen Redebeiträgen eröffnete Gastgeber Rainer Großmann das bayerische Buffet und die Besucher gingen zum gemütlichen Teil des Abends über.