Es ist seit alters her in Bayern der Brauch, dass der Gast in einem Biergarten unter schattenspendenden Kastanien sich zum gekauften Bier die mitgebrachten Speisen munden lassen darf. Das bestätigt auch die Bayerische Biergartenverordnung vom 20. April 1999, in der es heißt: „Kennzeichnend für den bayerischen Biergarten im Sinne der Verordnung sind vor allem zwei Merkmale: der Gartencharakter und die traditionelle Betriebsform, speziell die Möglichkeit, dort auch die mitgebrachte, eigene Brotzeit unentgeltlich verzehren zu können, was ihn von sonstigen Außengaststätten unterscheidet.“
Seit Mitte 2011 betreibt Wiesnwirt Siegfried Able am Lerchenauer See den „See-Biergarten Lerchenau“ mit rund 1.200 Sitzplätzen und den urigen Schänkenbauten vom Winter-Eiszauber am Stachus. So ist er auch im Münchner Biergarten-Verzeichnis aufgeführt, als Biergarten. Anwohner wie weiter entfernt wohnende Besucher lieben ihn und wenn es sonn- und feiertags Livemusik und beispielsweise Spanferkel gibt, dann ist der Biergarten rappelvoll.
Doch heuer ist die Biergartenfreude bei vielen getrübt. Das liegt an ein paar Schildern, die darauf hinweisen, dass nur noch in einem vergleichsweise kleinen Bereich im hinteren Teil – an 21 Tischen à acht bis zehn Plätzen, markiert durch blaue Sonnenschirme – mitgebrachte Speisen verzehrt werden dürfen! Nicht wenige Gäste empfinden die Verbannung auf wenige klägliche Katzentische als Angriff auf die althergebrachte bayerische Biergartenkultur, zumal im übrigen Biergarten nun nicht etwa, wie in einer Außengaststätte üblich, an hübsch eingedeckten Tischen bedient wird, sondern weiter die Biergarten-übliche Selbstbedienung gilt.
Die Firma Able rechtfertigt ihr Handeln damit, dass in den letzten Wochen Gäste nicht nur Speisen, sondern auch jede Menge Getränke mitgebracht hätten. Darüber hinaus hätten diese Gäste ihren Müll anschließend nicht selbstständig entsorgt, sondern ließen Bänke und Tische ohne Rücksicht auf Folgegäste vermüllt zurück. Das habe ständig mehr Kosten bei Personal, Müllabfuhr, etc. bedeutet. Die Tische und Bänke für rund 250 Personen, die man für das Mitbringen von Speisen ausgewählt habe, unterschieden sich in keiner Weise von allen anderen Tischen und Bänken im Biergarten. Auch die Platzierung habe keine Nachteile gegenüber den anderen Plätzen, sondern böten gleichfalls eine weitläufige, freie und idyllische Sicht auf den See. Man übe hier lediglich das Hausrecht über dieses Grundstück aus, dass man das Verzehren von selbstmitgebrachten Speisen auf einen gewissen Bereich beschränke, da es so logistisch und personaltechnisch leichter abzuwickeln sei. Dies widerspricht in keiner Weise der Biergartenverordnung, so die Firma Able. Und weiter: Da sich auf dem Schild auch Hinweise über das Fahrradfahren im Biergarten, die Kinderhaftung, etc. befänden, beziehe es sich nicht nur auf das Mitbringen von Speisen. (Anm. d. Red. Die meisten Schilder drehen sich aber nur um das Verzehren mitgebrachter Speisen!)