Am 15. August begeht die katholische Kirche „Mariäs Aufnahme in den Himmel“, auch heute noch „Mariä Himmelfahrt“ genannt. In bayrischen Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung, im Saarland wie in Österreich ist der 15. August ein Feiertag. In vielen Gegenden wird an diesem Tag noch der alte Brauch der Kräuterweihe gepflegt. So auch im Pfarrverband Fasanerie/Feldmoching.
Seit über tausend Jahren werden an Mariä Himmelfahrt Heilkräuter zu einem Strauß gebunden, zum Gottesdienst gebracht und dort geweiht. Je nach Region wurden in den „Frauendreißiger Weihkräuterbuschen“, in den „Rauchkräuterbuschen“, den „Neunerbuschen“, den „Krautwisch“, „Würzwisch“ oder wie der Kräuterstrauß sonst hieß, sieben verschiedene Kräuter eingebunden (sieben als alte heilige Zahl) oder neun Kräuter (in Erinnerung an drei mal drei für die heilige Dreifaltigkeit). Bisweilen waren es auch 12 Kräuter (Anzahl der Apostel), 14 (die kirchlichen Nothelfer), 15 (Symbol für Altes und Neues Testament), 24 (für die zwölf Stämme Israel und die zwölf Apostel), 66, 72 (Zahl der Jünger Jesu), 77 oder 99. „Magische“ Zahlen sind bei diesem Strauß also immer im Spiel! Welcher Zahl man auch frönen mag, sieben verschiedene Heilkräuter, Getreideähren oder Blumen sollten es in jedem Fall sein. Seitens der Kirche gibt es keine Vorgaben.
Diese Pflanzen gehören in einen Kräuterstrauß
Einen Stress braucht man sich bei der Auswahl der Kräuter nicht zu machen. Denn in der Literatur gehen die Empfehlungen, welche Kräuter zu einem „richtigen“ Strauß gehören, auseinander. Die Liste der Möglichkeiten ist lang: Alant, Johanniskraut, Wermut, Beifuss, Rainfarn, Schafgarbe, Königskerze (immer in die Mitte binden), Kamille, Thymian, Baldrian, Odermennig, Eisenkraut, Golddistel, Harfheu… Man kann aber auch Getreidesorten nehmen sowie Glockenblumen, Margeriten, Arnika, Pfefferminze, Liebstöckel, Kümmel, Eberwurz, Johanniskraut und Eberraute oder geheimnisvoll klingende Pflanzen wie Tausendgüldenkraut, Fünffingerkraut, Bibernelle, Weinraute, Teufelsabbiss (Tormentil), Mooskolben, Bittersüßer Nachtschatten, Tauben-Skabiose, Jakobsgreiskraut… In manchen Gegenden nahm man früher einfach die Kräuter, die man bei der zweiten Mahd schnitt. Und wieder andere gaben zur Krönung des Straußes eine Lilie oder eine Rose dazu, um damit der Gottesmutter Maria zu huldigen. Die simple moderne Alternative: ein Strauß aus Blumen.
Dass die Kräuter just am 15. August gesegnet werden, hat einen tieferen Sinn. Früher begann mit Mariä Himmelfahrt die wichtigste Kräutersammelzeit des Jahres. Heilpflanzen, die bis zum 15. September gesammelt wurden, übertrafen angeblich alle anderen Kräuter an Kraft – mit Ausnahme der Johanniskräuter, die man zur Sommersonnenwende pflückte. Durch die Klimaverschiebung sind heute allerdings manche der empfohlenen Kräuter bereits verblüht.
Heilbringende Pflanzen vor der Haustür
Die Kräuterbuschen wurden in den „Herrgottswinkel“ gegeben oder nach unten hängend beziehungsweise in einer Blumenvase getrocknet. Ein Tee aus den geweihten Kräutern galt als heilsam. Heilkräftig war es auch, wenn man die getrockneten Kräuter zerrieb, mit Weihrauch vermischte und das Krankenzimmer damit räucherte. Ferner sollten die Kräuter für Eheglück, Kindersegen und gute Ernte sorgen – viele verstreuen noch heute die getrockneten und zerriebenen Kräuter in ihren Gärten und auf die Felder. Krankem Vieh mischte der Bauer die geweihten Kräuter ins Futter. Und bei einem Gewitter warf man zum Schutz vor Blitzschlag einige Kräuter ins offene Feuer. Damals brauchte man also noch kein Kristallsalz vom Himalaya, kein Aloe Vera aus Südamerika, kein Ginseng aus China oder Teebaumöl aus Australien. Das jahrhunderte alte Wissen um Heilpflanzen und die Erfahrungen der Vorfahren damit waren in den Familien noch lebendig.
Blumen zeigen die Schönheit der Schöpfung
Kräuter und Klöster gehörten viele Jahrhunderte zusammen. Denn vom 8. bis zum 13. Jahrhundert waren die Mönche für die medizinische Versorgung der Bevölkerung verantwortlich. Die Klosterheilkunde brachte umfangreiche Schriften hervor, man denke nur an die Werke der Hildegard von Bingen und an den „Macer floridus“, im Mittelalter das Standardwerk der Kräuterheilkunde. Der Mönch Odo Magdunensis aus dem Loire-Tal beschrieb darin die Heilkräfte von 77 Pflanzen.
In der Theologie wird die Verknüpfung der Kräutersegnung mit Maria wie folgt erklärt: Die Heilkraft der Kräuter soll durch die Fürbitte der Kirche dem ganzen Menschen zum Heil dienen. Dieses Heil ist an Maria besonders deutlich geworden. Der Segen lautet: „Herr, unser Gott, du hast Maria über alle Geschöpfe erhoben und sie in den Himmel aufgenommen. An ihrem Fest danken wir dir für alle Wunder deiner Schöpfung. Durch die Heilkräuter und Blumen schenkst du uns Gesundheit und Freude. Segne diese Kräuter und Blumen. Sie erinnern uns an deine Herrlichkeit und an den Reichtum deines Lebens. Schenke uns auf die Fürsprache Mariens dein Heil. Lass uns zur ewigen Gemeinschaft mit dir gelangen und dereinst einstimmen in das Lob der ganzen Schöpfung, die dich preist durch deinen Sohn Jesus Christus in alle Ewigkeit.“