Am Freitag, den 28. April trafen sich die Mitglieder des hiesigen Bezirksausschusses zu einer Sondersitzung in Sachen „SEM Nord“ im Pfarrsaal von St. Peter und Paul. Ungewöhnlich waren nicht nur der Freitag und der große Besucherandrang. Besonders war auch die Tagesordnung: Sie enthielt nur zwei Anträge.
Der CSU-Antrag „Nein zur SEM Nord“ wurde mit 12:10 Stimmen angenommen. Dagegen fiel der Antrag der Grünen mit 3:19 Stimmen durch. Zwar war schon in Vorfeld etwas „Druck aus dem Kessel“ genommen, weil der städtische Planungsausschuss nun doch nicht schon am 3. Mai über die „Einleitung der vorbereitenden Untersuchung für das Gebiet Münchner Norden“ beraten will. Dennoch kochten an diesem Abend die Emotionen bei den rund 150 Besuchern hoch: Nach der etwa einstündigen offiziellen Sitzung kam es insbesondere im informellen Teil zu hitzigen Wortgefechten.
In der Druckausgabe des Lokal-Anzeigers, die am Freitag, den 5. Mai erscheint, lesen Sie den ausführlichen Bericht über die Sitzung. Im Folgenden veröffentlichen wir die zwei Anträge des Abends in voller Länge.
CSU: Nein zur SEM aus fünf Gründen
Zunächst trug der stellvertretende BA-Vorsitzende Rainer Großmann vor, warum die CSU im Bezirksausschuss „Nein“ sagt zur Einleitung vorbereitender Untersuchungen und zur städtischen Vorkaufssatzung für das SEM-Gebiet.
1. Die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist demokratisch nicht legitimiert und widerspricht dem Willen einer großen Mehrheit der Bevölkerung im 24. Stadtbezirk. Dies hat sich bei der Bürgerversammlung am 30.03.2017 und der Informationsveranstaltung zur SEM am 24.04.2017 sehr deutlich gezeigt.
2. Die Behebung des Wohnungsmangels in München muss in ökologisch und sozial verträglicher Form in Abstimmung mit der Bevölkerung und den Umlandgemeinden erfolgen. Eine übers Knie gebrochene Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist dazu nicht der richtige Weg. Vielmehr muss ein Gesamtkonzept entwickelt werden, das die Entwicklungspotentiale aller in Frage kommenden Bereiche über Jahrzehnte hinweg berücksichtigt.
3. Das mit der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme einhergehende Einfrieren der Grundstückspreise gefährdet die Existenz der Landwirte und Gärtner in Feldmoching aufs äußerste. Dies ist nicht im Sinn einer regionalen Versorgung der Bevölkerung mit Obst, Gemüse und anderen landwirtschaftlichen Produkten. Landwirte und Gärtner müssen auch in Zukunft in der Lage sein, ihre Betriebe wirtschaftlich weiter zu führen und an die nachfolgenden Generationen zu vererben.
4. Die für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme vorgesehene Fläche ist ein ökologisch sehr wertvoller Bereich und dient als übergeordneter Grünzug zur Frischluftversorgung für weite Teile des Stadtgebiets. Diese wichtigen Funktionen, Erhalt von Fauna und Flora sowie Frischluftversorgung der Bevölkerung, müssen auch in Zukunft erhalten bleiben. Daher darf diese Fläche nicht durch eine massive Bebauung versiegelt werden.
5. Die verkehrliche Erschließung des 24. Stadtbezirks stößt bereits heute sowohl beim Individualverkehr als auch beim ÖPNV an ihre Grenzen. Mit den geplanten Neubaumaßnahmen an der Ratoldstraße und der Hochmuttinger Straße werden die Zahl der Verkehrsstaus sowie die Überlastungen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln weiter zunehmen. Da es keine Entlastungsmaßnahmen zur Lösung der Verkehrsprobleme gibt, die in absehbarer Zeit verwirklicht werden können, ist die Städtebauliche Entwicklungs-maßnahme auch wegen einer unzureichenden Verkehrserschließung abzulehnen.
Die Grünen: Gegen SEM und Sobon, für den Flächennutzungsplan
Antrag: Der BA 24 spricht sich für eine unveränderte Fortführung des bestehenden Flächennutzungsplanes auf seinem Gebiet aus.
Er fordert den Stadtrat der Stadt München auf, auf dem Gebiet des BA 24 für eine qualitative und nachhaltige Stadtentwicklung zu sorgen und von einem quantitativen baulichen Wachstum Abstand zu nehmen, das auf Kosten der bestehenden landwirtschaftlichen Flächen, der ökologisch wertvollen Flächen und der für ein gutes Stadtklima benötigten Grünflächen geht.
Begründung: Die Stadt München hat als Ziel formuliert, dass Lebensmittel regional produziert werden sollen. Die Nutzung der auf dem Gebiet des BA 24 bestehenden landwirtschaftlichen Flächen leistet einen wertvollen Beitrag für eine nachhaltige dezentrale Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln. Die Nutzung dieser Flächen trägt wesentlich zur Lebensmittelerzeugung in München bei. Weniger landwirtschaftliche Fläche gefährdet die Existenz bestehender landwirtschaftlicher Betriebe und trägt zur Verlängerung von Versorgungsfahrten bei.
Die bestehenden Schutzgebiete auf dem Gebiet des BA 24 haben eine große Bedeutung für Ökologie sowie Erholung und sind deshalb zu erhalten (z.B. Landschaftsschutzgebiet Schwarzhölzl, Würmhölzlgraben, FFH-Gebiet „Gräben und Niedermoorreste im Dachauer Moos“, Geschützter Landschaftsbestandteil „Saatkrähenkolonie bei Feldmoching“, FFH-Gebiet „Heide-und Lohwälder nördlich von München“, mit entsprechendem Vorkommen seltener Flora und Fauna, regionaler überörtlicher Biotopverbund). Diese Schutzgebiete sichern die Biodiversität und stellen somit einen Beitrag zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie der EU dar. Damit diese empfindlichen Bereiche weiterhin ihre Funktion erfüllen können, dürfen
sie nicht durch dichte Bebauung bis an den Rand der Gebiete negativ beeinflusst werden.
Die auf dem Gebiet des BA 24 bestehenden drei Seen haben für die Bewohner eine
wichtige Funktion bei Erholung und Freizeitgestaltung im Nahbereich. Ein bestehender
regionaler Grünzug hat auch eine prioritäre Funktion für die Kaltluft und
Frischluftversorgung von München.
Diese oben adressierten Flächen sind für eine nachhaltige Entwicklung von München in ihrer aktuellen „Nutzung“ zu erhalten. Da auf der Fläche des BA 24 durch verdichtende Baumaßnahmen im Bestand als auch durch geplante Neubaumaßnahmen wie an der Ratoldstraße und an der Hochmuttinger Straße bereits jetzt schon die nach aktuellen Flächennutzungsplan für Baumaßnahmen verfügbaren Flächen weitgehend belegt sind, kann auf der Fläche des BA 24 nur noch eine qualitative Stadtentwicklung erfolgen und von größeren baulichen Entwicklungsmaßnahmen ist abzusehen.
Maximilian Wiese meint
SEM für Englischen Garten?
Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass die Stadt München aufgrund des weiter anhaltenden Zuzugs und der stetig weiter wachsenden Bevölkerungszahl „alle Möglichkeiten prüft, um neue Flächen für Wohnungsbau zu erschließen“. Hinter vorgehaltener Hand werden auch Flächen auf Teilen des Englischen Gartens für städtebauliche Maßnahmen in Betracht gezogen. „Wir müssen kreativ werden, um Wohnraum für das nächste Jahrhundert zu schaffen. Es müssen doch nicht alle Bereiche des Englischen Gartens für immer nur als Erholungsgebiet herhalten. Erholen sollen sich die Leute im Urlaub. Und schließlich müssen wir uns hier nicht mit Enteignungen beschäftigen wie vielleicht beim SEM Nord“.
Die offiziellen Zahlen belegen den erhöhten Zuzug, denn lt. aktuellem Bericht aus dem Rathaus (Rathaus Umschau v. 03. Mai 2017) wird die Bevölkerungszahl in München Ende 2022 die 1,7-Millionengrenze überschreiten, bis Ende 2030 auf 1,8 Millionen ansteigen und 2035 dann bei 1,854 Millionen liegen.
Der Englische Garten hat eine Gesamtfläche von 375 Hektar und gehört damit zu den größten Parkanlagen der Welt. Je nach Bebauung könnte auf dem Gebiet des Englischen Gartens Wohnungen für 20.000 neue Einwohner Münchens entstehen, 30% davon sozial gefördert.
Dieter Able meint
Die Grünen sollten sich zukünftig über ihre eigenen Vorhaben besser informieren und ggf. vorbereiten! Wie in ihrem eigenen Antrag hervorgeht, postitionieren sie sich gesammelt und klar gegen eine SEM bzw. Sobon. Paradoxerweise blieben bei dem Antrag der CSU (gegen SEM) die Hände unten. Bei der Abstimmung zur Befürwortung der SEM hingegen, gingen diese fast gesammelt nach oben. Die CSU und die Grünen sollten sich gesammelt gegen eine SEM aussprechen und dies ganz klar signalisieren. Nur so gibt es eine Chance, diesem Größenwahn ein Ende zu setzen!