Münchens OB Dieter Reiter verkündete am 12. Februar, dass das Referat für Stadtplanung und Bauordnung noch im ersten Halbjahr 2017 einen „Einleitungsbeschluss zur vorbereitenden Untersuchungen einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM)“ im Münchner Norden vorlegen solle. Gemeint war in diesem Falle der 24. Stadtbezirk mit seinen Stadtteilen Feldmoching, Fasanerie und Ludwigsfeld. Soweit ist es dann doch – noch – nicht gekommen.
Erst als in den folgenden Tagen Einzelheiten dazu bekannt wurden, begann die betroffene Bevölkerung zu erahnen, was sich hinter dem harmlos klingenden Kürzel SEM in Wahrheit verbirgt und welche weitreichenden Auswirkungen diese „Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme München Nord“ auf die betroffenen Stadtteile Feldmoching, Fasanerie und Ludwigsfeld in der weiteren Zukunft zu befürchten sind. Die Ausmaße des sogenannten „Entwicklungsgebietes“, vorwiegend im Privatbesitz von Bauern, Gärtnern und weiteren Bürgern, genutzt als Acker- und Grünland beziehungsweise zur reinen Natur- und Naherholung, insbesondere für die Stadtbevölkerung von München, übertrafen anfangs die Vorstellungen vieler Bürger. Rund 900 ha fasst der Umgriff, sprich so gut wie alle noch freien Flächen im 24. Stadtbezirk. Die freie Verfügung und die ebenso freie Preisfindung für privaten Grund und Boden wurden in großen Teilen des Stadtbezirks mit einem Handstreich „gedeckelt“. Darüber hat auch der Lokal-Anzeiger in den vergangenen Wochen viel berichtet.
Die derzeitige Ruhe ist trügerisch
Die Proteste aus dem „Entwicklungsgebiet“ gegen dieses kommunale Vorhaben, das die Bürger wie ein Blitz völlig unvorbereitet traf, ließen nicht lange auf sich warten. Es bildete sich die „Initiative Heimatboden München“ mit inzwischen bereits mehreren hundert Mitgliedern; große und kleinere Bürgerversammlungen folgten, in denen das „Für“ aus der Sicht der Stadt München und weiterer Befürworter sowie das „Gegen“, vorgetragen von engagierten Bürgern aus dem betroffenen „Entwicklungsgebiet“, heftig diskutiert wurden.
Die zunächst verabredete gemeinsame Abwehr von zeitlich überstürzten Beschlüssen im Münchner Stadtrat durch SEM-kritische Bürger und einsichtige Politiker war erfolgreich. Die SEM-Order wurde zunächst einmal zurückgezogen. Nun sollen erst einmal Stimmung und Mitwirkungsbereitschaft der betroffenen Grundstückseigner abgefragt und zu einem überschaubaren Ergebnis geführt werden.
Seitdem ist es in der Öffentlichkeit zur „SEM München Nord“ recht ruhig geworden. Diese gefühlte Ruhe ist jedoch trügerisch. Denn die mit dem Projekt beauftragten Mitarbeiter im Stadtplanungsreferat wie im Büro des Oberbürgermeisters und des Stadtrats haben ganz bestimmt nicht ihre Bleistifte niedergelegt und für den 24. Stadtbezirk eine allgemeine Entwarnung beschlossen.
Gewonnen wurde lediglich mehr Zeit für klärende Gespräche. Das städtebauliche Entwicklungsprojekt SEM ist nicht vom Tisch.
Naherholung und regionale Versorgung werden geopfert
Heute stellen wir uns nur einmal die Frage, wie hoch der Preis für die betroffenen drei Stadtteile im 24. Stadtbezirk, insbesondere für die betroffenen Menschen und für die folgenden Generationen, eigentlich sein könnte. Denn sollte es wirklich eine „Haben“-Seite aus dieser SEM geben, dann wird sie für die betroffenen Bürger bestenfalls unbedeutend, aber umso höher für die Planer und Regierenden der Landeshauptstadt München sein.
Es wird gewiss eine sehr schwierige Aufgabe für erfahrene Fachleute sein, sich mit den nahen und ferneren Auswirkungen der in Aussicht stehenden großen Neuansiedlungen von bis zu Zehntausenden von Menschen verschiedenster Nationen beziehungsweise Herkünfte im „Entwicklungsgebiet“ München Nord zu befassen und zu gesicherten Ergebnissen zu kommen.
Und es wird überhaupt erst in einigen Jahren möglich sein zu überschauen, welche Dimensionen die hohen Wertverluste durch die Preisdeckelung der Privatgründe erreichen.
Heute beschränken wir uns nur darauf, das verplante „Entwicklungsgebiet“ Feldmoching, Fasanerie und Ludwigsfeld mit einigen Fotos anzuschauen. Dieses Gebiet, das seit kurzem offiziell zur Disposition und zugleich zur Kompensation für große städtebauliche und bevölkerungsstrukturelle Versäumnisse der Landeshauptstadt in den zurückliegenden Jahren herhalten und geopfert werden soll, wird in seiner ländlichen Natürlichkeit, seinem Heimatwert für die Einwohner insbesondere für zahlreiche Familien, die hier seit Generationen leben und arbeiten, seinem Erholungswert für immer mehr gestresste Stadtbürger, in seinem großen Wert für die Versorgung Münchens mit frischem, gesundem Gemüse aus der nahen Region im Falle der Realisierung der SEM München Nord für immer und alle Zeiten verlorengehen. Es geht hier nicht um Vorübergehendes oder um etwas zeitlich Begrenztes. Wenn die SEM München Nord eines absehbaren Tages gegen jede Vernunft und alle begründete Abwehrbemühungen realisiert wird, verlieren auch die Münchner Bürger auf alle Zeiten ihren grünen Garten vor der Türe.
Wie groß allein der bis heute erhaltene Schatz an Kultur- und Wildflächen im „Entwicklungsgebiet“ in Sichtnähe zur Stadt ist, sollten sich nicht nur die Betroffenen, sondern auch die „Städter“ in München vor Augen halten.
In allen drei betroffenen Stadtteilen erfreuen die Erholungssuchenden sowohl Felder mit Getreide, Kartoffeln, Mais und anderen Früchten und Felder mit allerlei Arten von frischem Gemüse als auch Wildflächen, auf denen sich die Natur (Flora und Fauna) ungestört frei entfalten darf. Wir laden unsere Leser nah und fern dazu ein, mit den anliegenden, spontan gemachten Fotos aus Feldmoching, der Fasanerie und Ludwigsfeld einen Blick in den nördlich von Münchens Stadtzentrum gelegenen „Garten“ zu werfen. Vielleicht gelingt es Kundigen auch herauszufinden, an welchen Standorten die Fotos „geschossen“ wurden.
Impressionen aus dem „Entwicklungsgebiet“
Dr. Horst Engler Hamm meint
München platzt aus allen Nähten, bei Kitas, öffentlicher und privater Verkehr, hinzu kommt Luftverschmutzung, Lärm und Natur Vernichtung und die Zubetonierung der letzten Wiese. Deshalb bin ich gegen SEM Nord. Falls ich in den Bundestag komme, werde ich alles daran setzen, das zu verhindern.
Reeinhard Krohn meint
Danke Herr Dr. Engler. Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie den Sprung in den Bundestag schaffen.
Aber Mitregieren wäre dann noch besser. Denn, die SEM in der vorgesehenen Form zu verhindern, wird ein schweres Stück Arbeit sein. Wir hier im Münchner Norden wehren uns übrigens nicht gegen die Schaffung von neuem Wohnraum. Aber so, wie sich die Leitung unserer Landeshauptstadt und Teile unseres Stadtrats das mit der SEM vorstellen, lehnen wir strikt ab.