Bei der BA-Sondersitzung in Sachen „SEM Nord“ am 28. April im Pfarrsaal von St. Peter und Paul stimmte die Fraktion der Grünen mit der SPD gegen den CSU-Antrag „Nein zur SEM Nord“ (siehe Lokal-Anzeiger 9/2017). Für die SEM sind die Grünen aber auch nicht. Sie legten vielmehr einen eigenen Antrag vor, in dem sie dafür plädierten, den Flächennutzungsplan auf dem Gebiet des BA 24 unverändert zu lassen. Das Abstimmungsverhalten der Grünen hat viele Zuhörer irritiert. Wir fragten bei der Fraktionsvorsitzenden Christine Lissner nach.
Lokal-Anzeiger: Obwohl Grüne und CSU die SEM Nord ablehnen, haben die Grünen dem Antrag der CSU nicht zugestimmt?
Lissner: Unser Antrag geht viel weiter. Wir fordern die unveränderte Fortführung des bestehenden Flächennutzungsplanes, sprich wir lehnen eine weitere Bebauung des 24. Stadtbezirks auf Kosten der bestehenden landwirtschaftlichen Flächen und der ökologisch wertvollen (Grün-)Flächen ab. Die CSU hingegen sagt zu einer Bebauung nicht kategorisch „Nein“, möchte diese nur gemäß Sobon umgesetzt sehen.
Lokal-Anzeiger: Die CSU begründete ihr Nein zur SEM Nord mit fünf Punkten. Hätten Sie nicht zumindest einigen zustimmen können?
Lissner: Der Antrag lag nur als ganzes zur Abstimmung vor. Ferner haben wir Grünen uns im Vorfeld sehr intensiv mit den CSU-Argumenten auseinandergesetzt und lediglich einen Punkt für zustimmungswürdig erachtet.
Lokal-Anzeiger: Wo springt die CSU in Ihren Augen zu kurz?
Lissner: In Punkt 1 etwa meint die CSU, dass die SEM demokratisch nicht legitimiert sei und dem Willen einer großen Mehrheit der Bevölkerung im 24. Stadtbezirk widerspreche. Das sehen wir anders. Zwar war bei der Bürgerversammlung, der Infoveranstaltung und der BA-Sondersitzung die große Mehrheit der Anwesenden dagegen. Aber diese sind nur ein Bruchteil der hiesigen Bevölkerung. Auch ist eine SEM im Baugesetz verankert.
In Punkt 2 sagt die CSU, dass die SEM „übers Knie gebrochen wurde“. Das gilt zwar für die Ankündigung der SEM. Die SEM selbst ist ein langwieriger Prozess, der über zehn Jahre geht.
In Punkt 3 wird argumentiert, dass mit dem Einfrieren der Grundstückspreise die Existenz der Landwirte gefährdet sei. Das sehen wir nicht so. Laut Stadt werden diejenigen, die weiter Landwirtschaft betreiben wollen, herausgenommen. Und wer in nächster Zeit nicht verkaufen will, den brauchen Grundstückspreise sowieso nicht zu interessieren.
Bei Argument fünf wird ausgeführt, dass Individualverkehr wie ÖPNV schon heute an ihre Grenzen stoßen. Das stimmt, aber im Gegensatz zur CSU sehen wir durchaus kreative Lösungen, angefangen von Mobilitätskonzepten bis hin zu einer Tram durch den Münchner Norden. Die ließe sich schnell realisieren und ist viel billiger als eine U-Bahn.
Lokal-Anzeiger: Immerhin lassen Sie Punkt 4 der CSU gelten?
Lissner: Ja, denn wir argumentieren in unserem Antrag genauso, begründen allerdings umfangreicher. So listen wir beispielsweise bestehende Schutzgebiete im 24. Stadtbezirk auf, die eine große Bedeutung für die Ökologie sowie Erholung haben und die deshalb zu erhalten sind: z. B. das Landschaftsschutzgebiet Schwarzhölzl, den Würmhölzlgraben, das FFH-Gebiet „Gräben und Niedermoorreste im Dachauer Moos“, der geschützte Landschaftsbestandteil „Saatkrähenkolonie bei Feldmoching“ …
Lokal-Anzeiger: Zumindest bei der Ablehnung der SEM hätten die Grünen doch mitstimmen können?!
Lissner: Da die CSU zwar die SEM ablehnt, aber über die Sobon Bebauung zulassen will, konnten wir das nicht unterstützen. Wir meinen, dass mit den geplanten Neubauten die Verdichtung die Grenze des Erträglichen fast erreicht hat. Die Mietpreise können nur dann gesenkt werden, wenn mehr günstige Wohnungen gebaut werden und gleichzeitig keine neuen Arbeitsplätze entstehen.
Empat meint
„Das sehen wir anders. Zwar war bei der Bürgerversammlung, der Infoveranstaltung und der BA-Sondersitzung die große Mehrheit der Anwesenden dagegen. Aber diese sind nur ein Bruchteil der hiesigen Bevölkerung.“
Das verstehe ich nicht: Die Anwesenden repräsentieren doch den Durchschnitt der Bevölkerung – oder sehe ich das falsch? Sind die Befürworter wohl alle zu hause auf dem Sofa geblieben?
„Laut Stadt werden diejenigen, die weiter Landwirtschaft betreiben wollen, herausgenommen.“
Diese Aussage hat der Vertreter des Planungsreferates ganz klar getroffen, bestätigen wollte er sie auf Nachfrage jedoch nicht, was in der BA-Sitzung deutlich angesprochen wurde. Da frage ich mich schon, welchen Wahrheitsgehalt dieses Aussage hat, Wäre das wirklich so, wäre eine SEM von vorneherein nicht durchführbar.
„Die SEM selbst ist ein langwieriger Prozess, der über zehn Jahre geht.“
Diese Aussage wurde vom Planungsreferat alleine für die Untersuchungen in den Raum gestellt. Die weiteren Planungen sollen noch einmal über 20 Jahre laufen. Macht eine Planung über 30 Jahre – die zwischenzeitich alles blockiert – wirklich Sinn? Rechtlich ist das wohl auch nicht haltbar, da eine SEM gerade ein Instrument für eine schnelle Entwicklung darstellt.