Wer dieser Tage ob des schlechten Wetters mal wieder die Zeit fand, den Münchner Blätterwald ein wenig zu durchforsten, konnte schöne Beispiele entdecken, mit wie vielen Ressentiments und alten Klischees Münchner Journalisten dem Münchner Norden auch heute noch begegnen.
Da durfte man etwa im Münchner Merkur beim Gastrotipp einen schönen Bericht zur „Gaststätte zum Dülfer“ lesen, betrieben seit Februar 2017 von Antonia und Uwe Sammer. Die beiden haben es wahrlich verdient, besser bekannt zu werden. Das Essen ist ausgezeichnet und wirklich alles selbst frisch zubereitet – wo gibt es das heute in Zeiten von Molekularküche und Systemgastronomie noch? Und der Sonntagsbrunch, seit ein paar Wochen eingeführt, ist wirklich eine hervorragende Idee und jeden Cent wert. Aber die Headline, die der Autor für seinen Bericht fand, ist schon eine Unverschämtheit gegenüber dem ganzen Münchner Norden: „Ein Juwel im Niemandsland“.
Auch in der letzten „Hallo-München-“Ausgabe kamen beim Stadtschreiber offensichtlich alte Vorurteile gegenüber den dummen und doofen Leuten im Münchner Norden durch. Mokiert er sich doch unter dem Titel „Hopfen und Malz verloren“ wortgewaltig über den Bezirksausschuss 24, der in seiner Juni-Sitzung die Verlegung der Giesinger Brauerei ins Gewerbegebiet an der Detmoldstr. nicht mit Jubelschreien und einer Maß Bier feierte, sondern von der Firma nüchtern wissen möchte, wie das denn so mit der künftigen Geruchsbelästigung aussieht. Gleich wird Franziska Gräfin v. Reventlow mit ihrem Wahnmoching ins Feld geführt und erklärt, dass halt die Herrschaften „koan guten Geruch mehr (hätten), schließlich sind sie ein Lebtag lang von der Autoindustrie umgeben, da riecht man nur mehr Abgase, sonst nix.“
Ja wenn, lieber Stadtschreiber, die Riechorgane der hiesigen BA-Mitglieder und der Anwohner schon so in Mitleidenschaft geraten wären, dann wär’s ja völlig egal, ob noch eine Geruchsschleuder dazukommt. Doch die Nasen sind noch gut intakt. Und deshalb ist die Frage wohl erlaubt, ob noch eine olfaktorische Zutat dazukommt.
Und Schwabing hat die Gräfin einst in Wahnmoching umbenannt, weil sie die Scheinwelt der Schwabinger Boheme, deren Größenwahn und Orientierungslosigkeit, nicht mehr ertragen konnte. Der Bezirksausschuss 24 ist von solchen Anwandlungen ganz gewiss ganz weit weg, viel weiter also so manch anderer in dieser ach so hippen, coolen, supertollen Stadt.
Goaßzipfe meint
Vielen Dank für die kritische Beleuchtung solcher Zeitungsartikel.