Na, das ging ja mal ausnahmsweise schnell. Noch ist der Lokal-Anzeiger 4/2019 nicht richtig draußen, wo wir auf Seite 3 Auszüge des Offenen Briefs veröffentlichen, den die Bündnis Nordost und das Übergreifende Bündnis Nord am 7. Februar gemeinsam an OB Reiter geschrieben haben – auf unserer Website ist er eh in voller Länge nachzulesen -, da enthält die heutige Rathaus Umschau schon die Antwort. Wenngleich nicht von OB Reiter, sondern von Stadtbaurätin Elisabeth Merk (er fühlt sich wohl nicht sattelfest im Thema!?!).
„Ihren Wunsch nach Klarheit und Versachlichung begrüße ich sehr. Eine ehrliche und transparente Auseinandersetzung mit den Lösungsansätzen zum Umgang mit der Wohnungsknappheit und damit einhergehenden steigenden Mieten in München liegt sicherlich im gemeinsamen Interesse. Nachdem Sie trotz ausdrücklicher Bitte von Herrn Oberbürgermeister sowohl meine direkte Teilnahme an Ihrer Podiumsdiskussion am 21.2.2019 als auch einen fachlichen Vortrag meinerseits ablehnen, bei dem ich sehr gerne persönlich auf Ihre Fragestellungen eingegangen wäre, will ich diese zumindest schriftlich beantworten:
Frage 1 des Bündnisses München NordOst: „Wie viele und welche SEMs wurden in München bereits angekündigt, voruntersucht, eingeleitet und abgeschlossen?“
Antwort: In München wurden zahlreiche Einleitungsbeschlüsse gefasst. Diese betrafen insbesondere die ehemaligen Militärflächen im Stadtgebiet, wie z. B. die Panzerwiese, die Waldmann- und Stettenkaserne, die Funkkaserne, die Prinz-Eugen-Kaserne sowie die Bayernkaserne. In der Folge konnte die Stadt diese Flächen von der Bundesrepublik erwerben und attraktive und lebendige Stadtviertel entwickeln, die mit ihrem hohen Anteil an gefördertem Wohnungsbau einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumversorgung in München leisten. Die Durchführung einer förmlichen Entwicklungsmaßnahme war daher in keinem der Fälle erforderlich.
Voruntersuchungen fanden im Bereich Feldmoching für die sogenannte Bergwachtstraße statt, wurden aufgrund der fehlenden Finanzierbarkeit der Maßnahme (auf Grundlage der damaligen Haushaltslage) eingestellt. Aktuell laufen nur vorbereitende Untersuchungen für den Münchner Nordosten.
Frage 2: „Politik und Planungsreferat äußern übereinstimmend, dass es Enteignungen nicht geben wird. Gilt diese Aussage nicht nur jetzt, sondern auch für die Zukunft und kann diese Zusicherung rechtssicher gestaltet werden? Die dauerhafte Verlässlichkeit einer solchen Aussage ist für die betroffenen Landwirte von existenzieller Bedeutung.“
Antwort: Oberbürgermeister Reiter hat bereits mehrfach öffentlich zugesichert, dass es keine Enteignungen geben wird. Aufgrund der bisher erfolgten Gespräche mit den Eigentümerinnen und Eigentümer sieht das Referat für Stadtplanung und Bauordnung eine große Chance, eine Entwicklung des Gebiets über städtebauliche Verträge, also einvernehmlich, sicherzustellen. In diesem Fall wären weder eine SEM, geschweige denn Enteignungen erforderlich bzw. zulässig. Die Landeshauptstadt München sieht sich auf einem guten Weg, dringend benötigten Wohnraum im Stadtgebiet langfristig zu sichern und zugleich eine für die Allgemeinheit wie auch die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer zielführende einvernehmliche Lösung zu finden. Hierzu steht das Referat für Stadtplanung und Bauordnung in einem regen und konstruktiven Kontakt mit zahlreichen Eigentümerinnen und Eigentümern.
Frage 3: „Ihnen liegt seit Juli 2018 ein Kurzgutachten von Herrn Prof. Wolff vor. Er kommt zu dem Ergebnis, dass bei Verzicht auf Enteignungen eine SEM nichtig wäre. Ihre Antwort hierzu steht noch aus.“
Antwort: Das Kurzgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass ein Plan, eine SEM in Form einer Satzung (§ 165 Abs. 5 BauGB) zu beschließen bei gleichzeitig festem Willen, betroffene Grundstückseigentümer auch im Notfall nicht zu enteignen, eine diffuse Planungssituation entstehen lassen würde, die nach Einschätzung des Erstellers weder von § 165 BauGB gemeint noch mit ihm konform sein dürfte. Es darf bezweifelt werden, ob die Wahl von milderen Mitteln tatsächlich einen Verstoß gegen die §§ 165 ff. BauGB darstellen würde, zumal das Gesetz selbst die Enteignung nur als ultima ratio zulässt. Letztlich muss eine Prognose zum Zeitpunkt des Satzungserlasses ergeben, dass die Maßnahme zügig umsetzbar ist. Erscheint dies auch ohne Enteignungen möglich, ist kein Grund ersichtlich, der gegen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme spricht. Natürlich wird in diesem Fall eine Entwicklungssatzung ggf. gar nicht mehr erforderlich sein. Dies ist auch das ausdrückliche Ziel der Stadt. Es sind aber auch Situationen denkbar, in denen die SEM auch ohne Enteignungen sinnvoll und erforderlich zur Durchsetzung der städtischen Ziele sein kann. Insbesondere dienen viele der in einem förmlichen Entwicklungsgebiet geltenden Rechtsfolgen dazu, Spekulationen zu verhindern (z.B. durch Genehmigungspflichten bei Veräußerungsvorgängen) und die Finanzierbarkeit der Maßnahme zu gewährleisten.
Frage 4: „Diese Feststellung ist nach Meinung vieler Juristen zutreffend und wird auch durch ein Gutachten von Prof. Wolff untermauert. Dieses Gutachten ging am 27.05.2017 an das Planungsreferat. Eine Antwort steht leider aus.“
Antwort: Diese Aussage gibt die Rechtslage nur verkürzt wieder. Eine diesbezügliche Stellungnahme des Referats für Stadtplanung und Bauordnung an den Auftraggeber des Gutachtens ist bereits am 3. Juli 2017 erfolgt. Das angeführte Gutachten selbst führt aus, das § 153 Abs. 1 BauGB, also der Ausschluss von entwicklungsbedingten Wertsteigerungen („Einfrieren von Bodenpreisen“), im Grundsatz auch bei landwirtschaftlich genutzten Flächen gelte: „Ist § 169 Abs. 4 BauGB anwendbar, greift die Wertabschöpfungsregel von § 153 BauGB im Kern ein. Dies bedeutet, dass auch bei landwirtschaftlichen Grundstücken, die nur einen innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert besitzen, die Wertsteigerung, die aufgrund der Entwicklungsmaßnahme entstanden ist, außer Betracht bleibt.“ (Gutachten Prof. Wolff, Seite 47, Rn. 169 Ziffer 21).
Die im Gutachten vertretene Ansicht, wonach in der Regel der Wert für Bauerwartungsland gelte, steht im Widerspruch zu zahlreichen Literaturmeinungen (vgl. Köhler/Fieseler/Schrödter, § 169 BauGB, Rn. 10 f.; EZBK/ Runkel BauGB § 169 Rn. 69-70; Schmidt-Eichstaedt/Brügelmann, BauGB, §169 Rn. 49). Ohnehin wird selbst in dem Gutachten festgestellt, dass sich in besonderen Fallkonstellationen auch eine Bestimmung unterhalb des Werts von Bauerwartungsland vertreten ließe (S. 43 Rn. 160). Diese Bedenken wurden dem Auftraggeber des Gutachtens mit Schreiben vom 3. Juli 2017 mitgeteilt. Ebenso erfolgte eine diesbezügliche Stellungnahme des Referats für Stadtplanung und Bauordnung zur Petition der Initiative Heimatboden.
Frage 5: „Großen Teilen des Stadtrates, dem Planungsreferat und auch Ihnen ist sicher bekannt, dass es im angesprochenen Gebiet zu regelrecht explodierenden Bodenpreisen gekommen ist. Die Initiative Heimatboden hat in einer Petition an den Landtag ausführlich Beispiele beschrieben. Sind Ihnen diese Fälle bekannt und können Sie sie bestätigen? Sollten Sie darüber keine Kenntnisse besitzen, können wir Ihnen gerne Detailinformationen liefern.“
Antwort: Im Münchner Nordosten laufen derzeit vorbereitende Untersuchungen für eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. Die Kaufvertragsparteien werden hierdurch aber nicht gehindert, Kaufpreise zu vereinbaren, die deutlich über dem Verkehrswert liegen. Spekulationen können daher nicht gänzlich verhindert werden. Spekulationen gehen aber in zwei Fällen ins Leere: Die Entwicklung des Gebiets findet nicht statt oder der Stadtrat beschließt eine förmliche Entwicklungsmaßnahme: Dann trägt der Erwerber, der einen spekulativen Preis gezahlt hat, das Risiko, dass die Gemeinde nur zum entwicklungsunbeeinflussten Anfangswert erwirbt und er einen Verlust erleidet (= Differenz zwischen spekulativ überhöhtem Preis und Anfangswert)
Frage 6: „Es besteht Anlass zur Annahme, dass vom Gutachterausschuss der Stadt München durch Umwidmung von Flächen Bodenwerte manipuliert wurden. Auch dies ist Gegenstand der o.g. Petition. Sind Ihnen diese Vorkommnisse bekannt? Auf Wunsch liefern wir Ihnen gerne genauere Informationen.“
Antwort: Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Bereich der Landeshauptstadt München ist nicht Teil der Stadtverwaltung und weisungsfrei. Der Gutachterausschuss hat zu Frage 6 Stellung genommen und den Vorwurf der Manipulation entschieden zurückgewiesen:n„Der unabhängige Gutachterausschuss, d.h. seine rund 35 Mitglieder, haben zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Manipulationen vorgenommen und werden dies auch künftig nicht tun. Das gleiche gilt für die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses. „Es muss noch einmal betont werden, dass weder der Gutachterausschuss noch seine Geschäftsstelle Preise oder Bodenwerte ‚machen‘ oder gar dem Markt Vorschriften machen/machen können. Vielmehr ist es die Aufgabe, die getätigten Verkäufe, also das reale Marktgeschehen, abzubilden.“
Frage 7: „Eine SEM Nordost müsste nach Einleitung innerhalb von 15, maximal 20 Jahren vollständig abgeschlossen sein. Bei einem Bauvorhaben dieser Größenordnung erscheint dies unmöglich, wenn man beispielsweise an Freiham, an die Bayern-Kaserne oder an Riem denkt. Halten Sie den oben genannten Zeitrahmen für ausreichend? Derzeitige Planungen lassen das eher als unrealistisch erscheinen.“
Antwort: Die Rechtsprechung macht es von der Größe und Komplexität der jeweiligen Maßnahme abhängig, welche Anforderungen an die zügige Durchführung zu stellen sind. Auch 23 Jahre sind hier noch als möglicher Zeitraum akzeptiert worden: Die Landeshauptstadt München wäre jedenfalls grundsätzlich in der Lage, auch eine großräumige Maßnahme zügig im Sinne des Gesetzes durchzuführen. Da eine Prognose über die zügige Durchführbarkeit einer Maßnahme aber erst zum Abschluss der vorbereitenden Untersuchungen erstellt werden kann und muss, erübrigt sich derzeit eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Frage. Es ist gerade das Ziel der laufenden vorbereitenden Untersuchungen, die zügige Durchführbarkeit der konkreten Maßnahme zu prüfen und sicherzustellen. Nähere Erkenntnisse sind vom Ergebnis des städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerbs zu erwarten, der demnächst beginnen soll.
Bei den angesprochenen Gebieten Freiham, Bayernkaserne oder Riem handelt es sich um nicht vergleichbare Entwicklungen, die auch nicht als städtebauliche Entwicklungsmaßnahme durchgeführt wurden. Hier galt das rechtliche Gebot der zügigen Durchführung gerade nicht. Im Übrigen wurde im Fall der Bayernkaserne der erste Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan am 25.10.2006 gefasst, in der Folge kam es zu zahlreichen, noch heute andauernden Zwischennutzungen, u.a. des Freistaats Bayern. Der Bebauungsplan wurde im Dezember 2018 beschlossen. Die erste Schule soll bereits 2022 den Betrieb aufnehmen. Auch die Erschließung soll dann fertiggestellt sein. Erste Wohnungen werden dann ebenfalls bezugsfertig sein. Zwischen Baurechtsschaffung und Beendigung der Neuordnungs- und Erschließungsmaßnahmen sowie der Grundstücksveräußerungen lägen dann nur vier Jahre.
Frage 8: „Die Eigentümer der Grundstücke wollen den Rechtsstreit notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht oder zum Europäischen Gerichtshof tragen (s. SZ vom 6.2.2019). Die eintretende Zeitverzögerung wäre erheblich. Würden Sie dieses Prozessrisiko eingehen?“
Antwort: Ziel der Stadt ist ein einvernehmliches Vorgehen gemeinsam mit den Eigentümerinnen und Eigentümern. Eine Klagemöglichkeit besteht erst ab Erlass und Inkrafttreten einer sogenannten Entwicklungssatzung. Ob diese überhaupt notwendig wird bzw. vom Stadtrat beschlossen werden würde, ist derzeit nicht absehbar. Insoweit erübrigen sich Überlegungen zu möglichen Prozessrisiken.
Frage 9: „Durch einen Stadtratsbeschluss und laut Planungsreferat ist eine Untertunnelung der S8 vor Baubeginn eine unabdingbare Voraussetzung. Ist diese Bedingung für Sie nach wie vor gültig?“
Antwort: Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung setzt sich von Anfang an gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung des Stadtrats (siehe Sitzungsvorlagen Nr. 08-14/V 03945 vom 24.3.2010 „Ertüchtigung des Bahnknotens München: 2. S-Bahn-Stammstrecke“, Nr. 08-14/V 08238 vom 29.2.2012 „Flughafenanbindung auf der S8-Trasse… Sachstandsbericht“, Nr. 08-14/V 10857 vom 12.12.2012 „Flughafenanbindung auf der S8-Trasse… Machbarkeitsuntersuchung“, Nr. 14-20/V 05474 vom 15.6.2016 „Anbindung des Flughafens über die S8 Trasse im Münchner Nordosten…“, Nr. 14-20/V 11729 vom 25.7.2018 „Flughafenanbindung – viergleisiger Ausbau der Strecke Daglfing-Johanneskirchen…“) in den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn und dem Bund für einen Ausbau der Strecke zwischen Daglfing und Johanneskirchen für den Güterverkehr und der S8 in Tunnellage ein. Daher wird die Tunnellage auch als Voraussetzung in den Wettbewerb eingebracht. Bis tatsächlich eine bauliche Aktivierung der Flächen östlich der S8 in Form von Satzungsbeschlüssen von Bebauungsplanverfahren möglich sein wird, wird die Tieferlegung der S8 hinreichend konkretisiert sein. Dementsprechend hat sich seit dem erstmaligen Beschluss im Jahre 2008 (Sitzungsvorlage Nr.: 08-14 / V 00552, Seite 26, 1. Antragspunkt: „Den vorliegenden, grundsätzlichen Planungsvorstellungen innerhalb des Planungsumgriffes mit einer umfänglichen Wohnnutzung sowie großzügigen Grünflächen (…) wird unter der Maßgabe zugestimmt, dass eine bauliche Aktivierung erst nach einer Entscheidung zur Niveaulage der Bahntrasse Zamdorf – Johanneskirchen und nach der Realisierung einer höhenfreien Querung der Bahntrasse durch die Daglfinger Straße als dauerhaft zu schaffende verkehrliche Erschließungsvoraussetzung erfolgen kann. (…)“) keine Änderung der Zielsetzung ergeben.
Insbesondere ist der Ideenwettbewerb parallel zu den Verhandlungen mit der Bahn durchzuführen, da eine Konkretisierung der Planungen östlich der Bahn ein zusätzliches und gewichtiges Argument für die Tunnellage darstellt.
Frage 10: „Worin sehen Sie die Vorteile einer SEM gegenüber anderen Verfahren?“
Antwort: Die vorbereitenden Untersuchungen bieten die Gelegenheit, die Gesamtentwicklung eines Gebiets, welches flächenmäßig niemals in einem einzigen Bebauungsplanverfahren entwickelt werden könnte, vorzubereiten. Parallel können die infrastrukturellen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abgeklärt werden. Die Initiative für diese Klärungen, wie auch das Kostenrisiko liegen (anders als bei Entwicklungen nach SoBoN) nicht bei den privaten Eigentümerinnen und Eigentümern, sondern bei der Stadt. Entstehende Spekulationen können zwar nicht endgültig verhindert werden, sie erfolgen aber aufgrund der bestehenden Risiken nicht ungebremst.
Nach Vorliegen der Ergebnisse der Voruntersuchungen kann eine Prognose darüber getroffen werden, ob und auf welche Weise die Ziele und Zwecke der Maßnahme verwirklicht werden können. Dies kann dann auch die Grundlage für vertragliche Vereinbarungen mit den betroffenen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern sein. Im Rahmen einer förmlichen Entwicklungsmaßnahme enthält das Gesetz zahlreiche Regeln, die die Umsetzung der Maßnahme erleichtern, z.B. Maßgeblichkeit des Anfangswerts, gesetzliches Vorkaufsrecht, Genehmigungspflichten bei Veräußerungsvorgängen, Grundstücksteilungen etc. Auch gilt im Entwicklungsbereich eine gesetzliche Lastenverteilungsregel, die die Finanzierbarkeit und damit die zügige Umsetzbarkeit der Maßnahme sicherstellen soll. So können grds. alle nach den Zielen und Zwecken der Maßnahme erforderlichen Kosten über die Bodenwertsteigerungen gedeckt werden. Gerade bei einer großflächigen Entwicklung am Stadtrand ist einerseits mit erheblichen Bodenwertsteigerungen andererseits mit erheblichen Kosten (z.B. für Erschließung, weiterführende Schulen, Ausgleichsflächen) zu rechnen. Für mitwirkungsbereite Eigentümerinnen und Eigentümer besteht dann immer noch die Möglichkeit über Abwendungsvereinbarungen in eine vertragliche Zusammenarbeit mit der Stadt zu kommen.
Frage 11: „Im Stadtbezirk 13 sowie im weiteren Umfeld gibt es große Probleme mit dem ÖPNV sowie dem Individualverkehr (vor allem LKW, PKW). Die Höhe des Grundwassers bereitet zudem vielen Anwohnern ernsthafte Sorgen. Wäre die Stadtverwaltung bereit, bestehende Gutachten und auch zukünftige Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?“
Antwort: Die Verwaltung hat die Aufgabe, über eine integrierte, d.h. sämtliche Fachbelange berücksichtigende, Planung Grundlagen für eine zukünftige, nachhaltige Stadtentwicklung zu schaffen. Daher setzt sich das Referat für Stadtplanung und Bauordnung seit Beginn intensiv mit fachlichen Fragestellungen, z.B. zum Verkehr, zum Natur- und Artenschutz aber auch zu stadtklimatischen Fragestellungen auseinander. Mit Vertiefung der Planungen erfolgt auch eine weitere Detaillierung der Gutachten. Die bereits erstellten Gutachten hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung der Öffentlichkeit während der großen Öffentlichkeitsbeteiligung im Frühjahr 2017 zugänglich gemacht: Hierbei wurden durch die Planerinnen und Planer die Inhalte der Gutachten präsentiert. Die Gutachten lagen bei der Öffentlichkeitsbeteiligung aus und konnten vor Ort eingesehen werden. Darüber hinaus wurde für die Mitglieder der beiden Bezirksausschüsse Anfang 2017 ein gesonderter Termin angeboten, in dem die Inhalte des Verkehrsgutachtens vorgestellt und offene Punkte diskutiert werden konnten.
Auszüge aus den bereits erstellten Gutachten sind über den projektbezogenen Internetauftritt https://go.muenchen.de/gutachtenabrufbar. Im jüngst am 13.2.2019 vom Stadtrat beschlossenen Eckdatenbeschluss wird ein Ausblick darauf gegeben, welche Fachgutachten aufbauend auf dem Ergebnis des Ideenwettbewerbs voraussichtlich beauftragt werden sollen: u.a. Verkehrliche Untersuchungen, Grundwasserhaushalt und stadtklimatische Betrachtungen. Die Öffentlichkeit und Eigentümerschaft hat die Möglichkeit, auf das Wettbewerbsergebnis Einfluss zu nehmen. So wird es zu Beginn des Wettbewerbsverfahrens, bei Vorliegen der ersten Entwürfe nach der ersten Stufe, sowie zum Abschluss des Verfahrens Veranstaltungen und Workshops geben, in der Anregungen für die Planungen eingebracht werden können. Die zukünftigen, d.h. auf dem Wettbewerbsergebnis aufbauenden Gutachten sollen ebenfalls mit der Öffentlichkeit diskutiert werden.
Frage 12: „Würden Sie eine Teilnahme von Bürgern/Bürgerinitiativen im Preisgericht bei Architektenwettbewerben befürworten?“
Antwort: Ihr Interesse und der Wunsch, aktiv an der Zukunft des Münchner Nordostens mitzuwirken, bedeutet großes persönliches Engagement, was ich sehr begrüße. Durch den Eckdatenbeschluss des Stadtrats am 13.2.2019 wurde festgelegt, dass die Zusammensetzung des Preisgerichts analog der Empfehlungen des Ältestenrates erfolgen soll.
Bei dem nun anstehenden Ideenwettbewerb werden neben den Fachpreisrichterinnen und -richtern in den Preisgerichten auch Vertreterinnen und Vertreter der Stadtratsfraktionen und die Vorsitzenden der Bezirksausschüsse als Sachpreisrichterinnen und -richter vertreten sein. Dies sind die durch die Bürgerinnen und Bürger gewählten Vertreterinnen und Vertreter. Sie werden die Belange der Bürgerinnen und Bürger vor Ort (Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der Bezirksausschüsse) sowie der breiten Stadtgesellschaft (Stadträtinnen und Stadträte) einbringen. Bei anderen Wettbewerben hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung gute Erfahrungen bei der Einbindung der Öffentlichkeit über Workshops begleitend zum Wettbewerb gemacht. Die Ergebnisse der Workshops werden in die Auslobung einfließen und sind damit Grundlage für die Ideenfindung durch die Planerinnen und Planer. Insbesondere die Veranstaltung zu den planerischen Ideen zwischen der ersten und zweiten Stufe des Wettbewerbs eröffnet Ihnen die Möglichkeit, für die Überarbeitung in der zweiten Stufe wichtige Impulse einzubringen.
Fragen 13, 14 und 15: „Immer wieder wird auch diskutiert, ob es einer Stadtgesellschaft abverlangt werden kann, ansässige Bewohner zu verdrängen, um Platz für Zuwanderungswillige zu schaffen. Dies ist eine äußerst wichtige Frage, die für manche auch ethische, ja sogar theologische Aspekte beinhaltet, und die die Politik klar und deutlich beantworten muss. Seit mittlerweile 11 Jahren laufen die Planungen im NO. Ein fairer und offener Dialog zwischen Eigentümern, Anwohnern und der Stadt München hätte bessere, schnellere und einvernehmliche Lösungen gebracht.
Sowohl Eigentümer wie Anwohner bestreiten, dass dieser jemals geführt wurde. Stattdessen wird jetzt ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben und nach dessen Abschluss werden den Anwohnern zum dritten Male mögliche Bebauungsszenarien präsentiert. Was passiert bei erneuter Ablehnung?
Für die weiteren Planungsschritte sind sicher wieder Informationsveranstaltungen und Bürgerworkshops vorgesehen. Wir Bürgerinitiativen würden es sehr begrüßen, wenn wir hier angemessen berücksichtigt werden. Können Sie sich vorstellen uns mit einzubeziehen, z.B. in Form von Redebeiträgen, Diskussionsforen oder Vorschlagsmöglichkeiten? Wir bräuchten hier verbindliche Rechte. Die jetzige Form der Bürgerbeteiligung ist aus unserer Sicht völlig unzureichend.“
Antwort: Lassen Sie mich vorab klarstellen: Nirgendwo im Stadtgebiet werden ansässige Bewohnerinnen und Bewohnern verdrängt, um Platz für neue Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen. Leider können es sich heute viele alteingesessene Bürgerinnen und Bürger nicht mehr leisten, in ihrem Stadtgebiet zu wohnen. Dies ist die einzige Verdrängung, die stattfindet – diese zu bekämpfen ist unser gemeinsames Ziel. Hierfür brauchen wir aber mehr bezahlbaren Wohnraum.
Die Landeshauptstadt München ist eine weltoffene Stadt, die davon lebt, dass fortlaufend neue Impulse durch neue Bewohnerinnen und Bewohner zur Weltstadt mit Herz beitragen. Nach mehreren Dekaden mit gleichbleibender Bevölkerungszahl deuten alle Prognosen auf ein Wachstum der Landeshauptstadt München von heute knapp 1,6 Mio. auf 1,8 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner im Jahr 2035 hin. Zum einen, weil in der Landeshauptstadt viele Kinder geboren werden; zum anderen, weil Menschen Arbeitsplätze benötigen und zu diesem Zweck nach München ziehen, beispielsweise Erzieherinnen und Krankenpfleger, die in München dringend benötigt werden. Eine umsichtige Stadtverwaltung muss auf diese Prognose reagieren und macht dies sehr konkret mit einer langfristigen Siedlungsstrategie. Neben der Verdichtung und Umnutzung bestehender Quartiere ist die Erweiterung auf neuen Flächen eine wesentliche Säule zur Bewältigung der gestellten Aufgabe.
Der Wettbewerb stellt im Vergleich zum bisherigen Planungsprozess den wesentlichen Unterschied dar, dass neben der fachlichen Perspektive auch die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger unmittelbar in den Prozess eingebunden werden und in den Preisgerichtssitzungen die unterschiedlichen Perspektiven (fachlich und politisch) auf die Wettbewerbsarbeiten diskutiert werden können (siehe hierzu auch Ausführungen unter 12). Bürgerinitiativen stellen eine wichtige Form der politischen Teilhabe dar. Es ist wichtig und richtig, dass sich interessierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger zusammenschließen, um denen für sie wichtigen Punkte mit Nachdruck Ausdruck zu verleihen. Mit Ihrer Veranstaltung am 21.2.2019 haben Sie ein breites Forum, um Ihren Blick auf den Münchner Nordosten darzustellen und um mit politischen Vertreterinnen und Vertretern in den Austausch zu kommen.
Dennoch bilden Ihre Interessen nicht immer die Bandbreite der Meinungen in der Bevölkerung, auch die der Gesamtstadt, ab. Dies wird im Wettbewerbsprozess durch die Wahl legitimierten politischen Vertreterinnen und Vertreter übernommen, die als Teil des Sachpreisgerichts eng in den Wettbewerbsprozess eingebunden sind und über ihre Stimmen Weichen für die Zukunft des Münchner Nordostens stellen.
Gerne können sich die Initiativen bei den geplanten Veranstaltungen einbringen und den Austausch mit weiteren interessierten Bürgerinnen und Bürgern suchen:
– 16. März 2019: Workshop zu den Planungszielen (vor dem Wettbewerb)
– Sommer 2019: Vorstellung und Diskussion der Arbeiten der Preisgruppe. Anregungen der Öffentlichkeit fließen in die Überarbeitung der zweiten Stufe ein
– Frühjahr 2020: Präsentation und Diskussion der Arbeiten der Preisträgerinnen und Preisträger.
Ich lade Sie ein, sich auch weiterhin aktiv einzubringen. Das Gemeinschaftsprojekt Münchner Nordosten kann nur durch eine faire Zusammenarbeit der einzelnen Akteurinnen und Akteure erreicht werden.“
Bernd meint
Der Brief war an den OB und nicht an die Stadtbaurätin! Es geht um ein derart tragendes Thema, dass man schon erwarten kann, dass er die Antworten selbst gibt und auch entsprechend informiert ist. Dann schiebt er die Verwaltung vor. Er drückt sich schon wieder. Die Antworten sind wenig konkret. Fragen wurden z.T. einfach weggeredet. Aber was soll man erwarten…
Karsten meint
Der offene Brief hatte 15 (fünfzehn!) detaillierte, zum Teil sogar klar verwaltungsrechtliche Fragen – natürlich wurde der direkt an die Verwaltung zur Beantwortung durchgereicht. Sorry, aber wenn man will das der OB (ein Politiker!) persönlich antwortet dann bitte nur ganz wenige Fragen, und zu politischen Fragestellungen. Z.B. ob er Alternativen zum Wachstum Münchens sieht oder wie er zur Forderung steht das Wachstum auf grössere Teile Bayerns zu verteilen.
Ich persönlich finde die Antworten von Frau Merk erstaunlich detailliert und eigentlich nicht im wesentlichen ausweichend. Sie hat halt auf einige Dinge einen anderen Blickwinkel als die Autoren des Briefes, das ist aber nicht weiter verwunderlich.