Rund 12 Mio. t Lebensmittel werden jedes Jahr in Deutschland entsorgt. Um die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln so gering wie möglich zu halten, kooperiert das Stadtteilcafé der Diakonie Hasenbergl mit der Plattform „To Good To Go“. Überschüssige Speisen werden in „Überraschungstüten“ gepackt und zu reduzierten Preisen an Selbstabholer verkauft. Wer das Angebot nutzen möchte, muss sich nur bei der App registrieren, das Essen bis 15.30 Uhr dort reservieren und zwischen 15.30 und 16 Uhr im Café abholen.
„Im Stadtteilcafé-Treffpunkt am Hasenbergl achten wir seit langem darauf, die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln so gering wie möglich zu halten. Deshalb ist die Kooperation mit „To Good To Go“ für uns ein wichtiger Schritt, die Lebensmittelverschwendung auch in der Gastronomie einzuschränken. Gleichzeitig schonen wir die Umwelt und unsere Gäste bekommen ein leckeres Essen zu einem günstigen Preis“, freut sich Philipp Blümle, der das Stadtteilcafé der Diakonie Hasenbergl leitet. Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen steht in der Diakonie Hasenbergl an der Tagesordnung. Deshalb hat der Verein im Rahmen seines Qualitätsmanagement-Systems ein Energie- und Umweltmanagementsystem (EMAS) eingerichtet und dafür das EMAS-Gütesiegel erhalten. Dies garantiert einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Ziel des Vereins ist es, die Umwelt zu erhalten, Arbeitsplätze zu sichern, sowie die Verbesserung der Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu gewährleisten.
Und so setzte man im Stadtteilcafé bereits früh auf verschiedene Maßnahmen, um die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden. „Jeden Wochentag können unsere Gäste entweder ein besonderes Tagesgericht wählen oder einen unserer Klassiker genießen. Dieses Konzept erlaubt es uns, die Anzahl der Gerichte und damit den Wareneinsatz genau zu kalkulieren“, erklärt Blümle. Wenn dann doch Speisen übrig bleiben, können dieses nun zum kleinen Preis weitergegeben werden.
Weltweit landet etwa ein Drittel der Lebensmittel in der Tonne, allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 12 Mio. t Lebensmittel jedes Jahr in Mülleimern entsorgt. 52 % davon kommen aus privaten Haushalten, pro Kopf sind das fast 75 kg. Ein sozialethisches und vor allem auch ökologisches Problem – immerhin sind 8 % der globalen Treibhausgasemissionen auf Lebensmittelverschwendung zurückzuführen.
„Nachhaltigkeit und umweltverträgliches Handeln spielen für uns eine wichtige Rolle im Stadtteilcafé. Seit einigen Wochen bieten wir auf unserer Karte „Schnitzel vom Strohschwein“, einer zertifizierten und auf das Tierwohl bedachten Zucht, an. Dass wir nun gemeinsam mit unseren Gästen einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz und gegen die Lebensmittelverschwendung leisten können, freut uns besonders“.
Tolle Speisen genießen und Lebensmittel mit dem Smartphone retten – über die Kooperation ist das nun auch im Hasenbergl ganz einfach möglich. Jeden Tag stellen die Mitarbeitenden eine bestimmte Anzahl der übrigen Essen in der App ein. Wer die Angebote nutzen möchte, muss die App nur auf sein Handy laden und sich für eines der Angebote in der Umgebung entscheiden. „Was in die Tüte kommt, ist eine Überraschung, mit ein bisschen Glück ist auch ein Nachtisch mit dabei“, verrät Martina Schirwitz, die für die gastronomische Leitung des Stadtteilcafé verantwortlich ist. „Und es ist doch eine tolle Sache, dass man sich damit nicht nur gegen die Verschwendung von Ressourcen engagiert, sondern auch etwas Gutes für den eigenen Geldbeutel tut. Unsere Wundertüten kosten nur 3,50 € und beinhalten Speisen im Wert von 10,50 €.“
Foto: dh
Reinhard Krohn meint
Ja, wieder ein gutes und begrüßenswertes Beispiel einer Initiative gegen die Vernichtung von Lebensmitteln in unserem so reichhaltig versorgten Lande. Wie die zitierten 12 Millionen Tonnen „für die Tonne“ allerdings zusammenkommen, müsste aber auch immer wieder mal der Öffentlichkeit erklärt werden. Gewisse Abfallmengen sind leider in unserer Gesellschaft, so wie wir heute leben, unvermeidbar. Andererseits enden wirklich große Mengen im Müll, nur weil sie nicht den Normen für den Verbrauch entsprechend glänzen oder weil die vorgeschriebenen Ablaufdaten auf den Verpackungen gerade mal um nur wenige Tage überschritten sind. Mich wundert es, dass bei all den mittlerweile sehr zahlreichen wertvollen Initiativen dennoch – gefühlt – die Massen der weggeworfenen Lebensmittel nicht geringer zu werden scheinen, oder? Ich denke, nur unverbindliche Appelle und noch so begrüßenswerte freiwillige bzw. ehrenamtliche Initiativen werden die Verschwendungsmentalität der konsumorientierten Menschen in unserem „Wohlstandsstaat“ kaum auf einen deutlich spürbar besseren Weg führen. Auch Wegweiser zu besseren ethischen Lebensführungen wie der Umgang mit einer gefühlten Übermenge an Essen bedürfen wohl letztlich doch einer nachdrücklichen öffentlichen Hand. Minister und Parteiführer klagen zwar – aber was geschieht von dort her denn in Wirklichkeit für eine zeitnahe Besserung ?