Seit 35 Jahren hat der Bildhauer Toni Preis sein Atelier an der Lassallestr. 54. Weit genug entfernt von der Wohnbebauung, nahe dem Lerchenauer See auf einem städtischen Grundstück. Seit Jahren allerdings war und ist sein kleines, selbst instand gesetztes Garagenhäusl umstellt von primitiven Baracken, in denen Menschen aus aller Herren Ländern unter primitivsten, menschenunwürdigsten Umständen haus(t)en. Doch seitdem die Stadt die Räumung einer Teilfläche durchgesetzt hat, sitzt der Künstler nun ohne Strom da und fragt sich verzweifelt, wie er hier künftig noch arbeiten soll.
Die Vorgeschichte reicht einige Jahre zurück: In der Bürgerversammlung 2016 machten Anwohner die Öffentlichkeit auf die unhaltbaren Zustände an der Lassallestr. 54, zwischen Naturschutzgebiet und Naherholungsareal, aufmerksam, wo rund 40 bewohnte Container zwischen einem PKW-/LKW-Handel standen. Schnell war klar, dass für diese Unterbringung keine Genehmigung vorlag. Doch erst nach langwierigen Gerichtsverfahren, die die Stadt gegen den Immobilienbesitzer, einen serbischen Autohändler, anstrengte, musste dieser mit Urteil des Landgerichts München vom 8. Mai 2019 alle Aufbauten einschließlich der Keller, Fundamente und Leitungen beseitigen sowie Container, Einrichtungen, Anlagen und Einfriedungen entfernen. Was er nun zähneknirschend tat. (Um anschließend erneut Container mit je zwei Betten aufzustellen, schlecht isoliert, mit Strom, aber ohne Wasser oder Heizung. Zunächst hieß es seitens der Stadt, dass auch diese neuen Container zu entfernen seien, nun erfolgte offensichtlich eine Kehrtwende. Angeblich seien die Container in Ordnung und die Mieter, z. T. eben erst aus Bulgarien, Rumänien & Co. eingetroffen, könnten bleiben.)
Was taugt ein Atelier ohne Strom?
Kollateralschaden der ganzen Räumungsaktion, von der das Atelier des heute 75-jährigen Bildhauers nicht zuletzt auf Drängen des hiesigen Bezirksausschusses explizit ausgenommen ist: Preis hat seit Anfang Oktober keinen Strom mehr. Den hatte er bislang als Untermieter des Autohändlers über dessen Vordergebäude bezogen. Doch mit dem Gebäude, das der Autohändler auf Anordnung des Kommunalreferats ebenfalls beseitigen musste, ging leider auch die Stromleitung flöten.
Nur Wasser bekommt Preis noch vom Autohändler und heizen kann er sein Atelier dank eines privat installierten Gaskessels auch. Aber ohne Strom kein Kompressor und damit kein Werkzeug, um großen Steinblöcken zu Leibe zu rücken. Und ohne Strom kein Licht im Atelier, so dass der Künstler, der für die Stadt München schon viele Gedenktafeln geschaffen hat, aber auch Büsten für die Ruhmeshalle, nur noch bei Tageslicht und nicht, wenn die Muse ihn küsst, arbeiten kann.
Das vom Ehepaar Preis eingeschaltete Kommunalreferat wie das Kulturreferat – der akademische Bildhauer ist schließlich Träger des Kulturförderpreises für Bildhauer der Landeshauptstadt – konnten leider bislang nichts Positives erwirken. Das Kommunalreferat sieht angesichts der bau- und planungsrechtlichen Vorgaben (das Baureferat soll auf dem städtischen Grundstück dereinst eine Grünfläche herstellen) keine Möglichkeit, für Preis durch die Stadt einen eigenen Stromanschluss herzustellen. So heißt es im Schreiben vom 15. Oktober. Aber: „Wir sind einverstanden, wenn Sie dies auf eigene Initiative veranlassen.“ Was Preis wiederum nicht kann, da er ja nur Untermieter ist.
Angeblich hat das Kulturreferat dem Bildhauer drei Alternativstandorte angeboten, allerdings hat das Ehepaar Preis als „Tipp“ nur das städtische Atelierhaus am Domagkpark genannt bekommen. Diese Ateliers, so der seit 1979 als freischaffender Holz- und Steinbildhauer tätige Preis, seien für Maler, aber nicht für Bildhauer geeignet, die Lärm und Dreck machten und daher besser fern von Wohnbebauung arbeiten sollten. Außerdem koste ein solches Atelier 1.000 € im Monat – viel Geld in diesen für selbständige Künstler so unsicheren Coronazeiten. Das Atelier an der Lassallestr., das sich Preis optimal nach seinen Bedürfnissen hergerichtet hat, ist und bleibt für ihn also alternativlos!
ReinerF meint
Dieses Handeln der zuständigen Stadtverwaltung ist ganz einfach ausgedrückt herzlos und einem hier seit Jahren erfolgreich wirkenden Künstler gegenüber sowieso unwürdig. Es ist ein Spiegelbild unserer Verwaltungen, die das ganz selbstverständlich Menschliche einfach ignorieren und die betroffenen Bürger wie in diesem Falle mit ihrem Schicksal allein lassen. Die dafür Verantwortlichen sollen sich schämen!