Obwohl Florian Post, der Bundestagsabgeordnete für den Münchner Norden, bei der Listenaufstellung der Oberbayern-SPD am Samstag, den 6. März überraschend durchfiel, will der 39-Jährige weitermachen und seine politische Karriere retten. Das teilte er am Donnerstag, den 11. März, nach Tagen des Grübelns, Überlegens und Beratens, in einer persönlichen Erklärung mit dem Titel „Jetzt erst recht! Ich werde um jede Erststimme kämpfen!“ mit. Er will nun versuchen, das Direktmandat in seinem Wahlkreis zu gewinnen. An seiner Seite weiß er wieder Alt-OB Christian Ude als „Wahlkampfmanager“.
Auf dem Bezirksparteitag vergangenen Samstag trat, vom Münchner SPD-Vorstand völlig ungeplant, bei der Listenaufstellung gegen Post plötzlich sein Münchner Parteikollege und Kandidat im Münchner Süden, Sebastian Roloff, an. Er hatte offensichtlich im Hintergrund eine Mehrheit für sich organisiert, während Post als Spitzenmann des Münchner SPD-Vorstands für Oberbayern sich sicher wähnte. Damit hätte er dann einen sicheren Platz auf der Bayernliste der SPD erhalten und wäre über die Zweitstimmen zum dritten Mal in den Bundestag eingezogen. Post trat nach dieser Düpierung für keinen weiteren Listenplatz an.
In der persönlichen Erklärung von Post heißt es: „…Zu meiner großen Freude hat der Vorstand der Münchner SPD mich einstimmig als Münchner Spitzenkandidaten unterstützt. Ebenso einstimmig war das Votum im geschäftsführenden Vorstand der SPD Oberbayern für mich als Spitzenkandidaten auf der Bezirksliste. Ich empfinde es deshalb als Angriff aus dem Hinterhalt, dass mir auf der Funktionärskonferenz nach offenbar langwieriger heimlicher Vorbereitung ein anderer Münchner Kandidat vorgezogen wurde. Ich erzielte bei der letzten Bundestagswahl 2017 im Münchner Norden 26 % der Erststimmen und damit den mit knapp 10 % größten Vorsprung vor dem Parteiergebnis in ganz Oberbayern und das zweitbeste Ergebnis aller SPD-Kandidaten Bayerns.
Deshalb empfinde ich den Umgang mit mir als völlig unangemessen und ungerecht. Außerdem ist es eine krasse Missachtung des Münchner Nordens als sozialdemokratische Hochburg bis 2017, dass seine künftige parlamentarische Vertretung durch die SPD nicht auf deren Liste abgesichert werden soll. Ebenso ist es für mich eine Desavouierung der gesamten Münchner SPD, dass sie von jeder Mitgestaltung der eigenen Repräsentation auf der Landesliste ausgeschlossen wurde.
Wie soll ich auf diese Missachtung des Münchner Nordens und der Münchner SPD sowie meiner Person reagieren? Die Antwort fällt mir nicht leicht. Es ist völlig klar, dass ich meine persönlichen Konsequenzen ziehen muss. Am Ende gaben die vielen Stimmen aus dem Münchner Norden, aus zahlreichen Vereinen, Verbänden, Kirchengemeinden, Betriebsräten und Bürgerinitiativen, aus der gesamten Münchner SPD und vielen bayerischen Landesteilennden Ausschlag: ich darf Wählerinnen und Wähler, die mir schon zweimal das Vertrauen schenkten, nicht enttäuschen! Ich stehe bei der überwältigenden Mehrheit der SPD im Münchner Norden im Wort! Deshalb halte ich an meiner Kandidatur zum Deutschen Bundestag fest! Es wird im Münchner Norden einen Persönlichkeitswahlkampf und keinen um die Parteiliste geben …“!
Und auch Posts Wahlkampfleiter, Alt-OB Christian Ude, teilte gegenüber den Heckenschützen aus der eigenen Partei kräftig aus in seiner Erklärung.
Christian Ude zur aktuellen politischen Situation in der Münchner SPD
„Als ehemaliger Spitzenkandidat der Bayern SPD, der 2013 einen mehr
als doppelt so hohen Stimmenanteil erreichte als die derzeit amtierende Landesvorsitzende 2018, fühle ich mich nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, zur derzeitigen alarmierenden Entwicklung der Bayern SPD
das Wort zu ergreifen. Die Bayern SPD befindet sich derzeit im Landtag auf Platz 5 hinter den Grünen, den Freien Wählern und der rechtsextremen AfD und ist entsprechend in sämtlichen bayerischen Kommunen nur noch die Liste 5. Sie musste bei der letzten Umfrage mit ansehen, dass die CSU mittlerweile fast 7mal so groß ist wie die Partei von Georg von Vollmar, Wilhelm Hoegner und Waldemar von Knoeringen, von Hans-Jochen Vogel und Renate Schmidt. Ich nehme heute aber auch als politischer Wahlkampfleiter von Florian Post Stellung. Ich arbeite seit 55 Jahren im Münchner Norden mit und habe bei mehreren Wahlen hier mehr als 70 % gewonnen.
Florian Post hat 2017 das beste SPD-Erststimmen-Ergebnis Oberbayerns erzielt, wurde von der Münchner SPD des Münchner Nordens mit über 80 % wieder aufgestellt und vom Vorstand der Münchner SPD einstimmig als Münchner Spitzenkandidat unterstützt. Trotzdem hat eine oberbayerische Funktionärskonferenz ihn jetzt ohne Ansage in geheimer Wahl abgesetzt. Natürlich hat sie das Recht dazu, wie sie auch das Recht hat, ihren Absturz in der Wählergunst fortzusetzen. Manche glauben und schreiben jetzt, hier sei es um eine Stilfrage gegangen. Ich glaube, dass es den Wählerinnen und Wählern lieber ist, wenn Kontroversen mit offenem Visier ausgetragen werden und wenn nicht aus dem Hinterhalt auf eigene Repräsentanten geschossen wird. Aber es geht nicht um Stilfragen. Das beweist der Blick über die Stadtgrenzen. Dort hat
der größte Landkreis Bayerns, der Landkreis München, zum dritten Mal Bela Bach als Bundestagkandidatin nominiert, sie ist das jüngste Mitglied des gesamten Deutschen Bundestages. Eine junge Frau mit Migrationshintergrund und überzeugender Stimmkreisbilanz. Sie wurde genauso wie Florian Post aus dem Hinterhalt abgeschossen, obwohl es nicht den Hauch einer Stilkritik an ihr gibt.
Ihr kann nur zu Last gelegt werden, dass sie nach der Halbierung der Bayern SPD bei der Landtagswahl 2018 gesagt hat, so dürfe es nicht weitergehen. Solche Majestätsbeleidigung konnte die Kohnen-Grötsch-SPD offensichtlich nicht hinnehmen.
Schon im vergangenen Jahr habe ich Florian Post zugesagt, noch einmal als politischer Wahlkampfleiter im Münchner Norden zur Verfügung zu stehen, um einen persönlichen Beitrag dazu zu leisten, dass der Münchner Norden als meine politische Heimat auch künftig im Bundestag sozialdemokratisch vertreten wird und dass Anliegen der Münchner Mieter und Arbeitnehmer wirkungsvoll und lautsstark vorgetragen werden. Zu dieser Zusage stehe ich auch jetzt unter erschwerten Bedingungen, wie sie die Funktionärskonferenz erzwungenen hat:
Es kommt im Münchner Norden für die SPD nur noch auf die Erststimme an und die SPD braucht die größtmögliche Unterstützung für ihren bewährten Abgeordneten Florian Post durch alle Wählerinnen und Wähler, die den Niedergang der BayernSPD mit großer Sorge verfolgen. Die Tradition der namhaften SPD-Abgeordneten des Münchner Nordens, allen voran Peter Glotz und Hans Jochen Vogel, darf nicht wegen einer Fehlentscheidung, die auch die gesamte Münchner SPD brüskiert und von der Willensbildung in eigener Sache ausgeschlossen hat, beendet werden.
Jetzt erst recht: Schluss mit den Heckenschüssen auf eigene Repräsentanten, die auf Bundesebene zuletzt Gesine Schwan und Wolfgang Thierse getroffen haben, volle Unterstützung für bewährte Parlamentsmitglieder wie Bela Bach im Landkreis und Florian Post in der Stadt und endlich „das Gespräch mit jedermann“, das schon Waldemar von Knoeringen gefordert hat – und das wir im Münchner Norden auch mit jeder Frau führen werden.“
ReinerF meint
Die politische Fremdherrschaft des Deutschen Bundestags oder Bayerischen Landtags aus dem Süden unsere Stadt oder gar auswärts im Münchner Norden ist uns ja nicht ganz neu. Das haben wir schon bei „Roten, Grünen und den Schwarzen“ erlebt und so wird es nun wohl auch weiter gehen. Mit den Menschen im Münchner Norden kann man sich ja derartige Dinge – genau so wie etwa die SEM – allemal erlauben. Dann werden halt hier im Norden diese Leute widerspruchslos gewählt. Auch, wenn sich diese vielleicht nur dann in „ihren“ Wahlkreisen sehen lassen, wenn es ihrer Mandatssicherung gut tut. Die betreffenden Parteien täten besser daran, wenn sie ihren Wählern gegenüber mehr Respekt zeigten und mehr auf die Präsenz und auf mehr persönlichen Einsatz für die Menschen im betreffenden Wahlkreis seitens ihrer „Volksvertreter“ Wert legen würden. Ein guter „Volksvertreter “ sollte auch seinen Wahlkreis gut kennen und seinen Wählern wann und wie auch immer nahe sein. Denn, nur so erkennt er oder sie, wo den Menschen der Schuh drückt und auf welche Weise er oder sie hilfreich sein kann. Darum ist auch die Nähe des Wohnorts von Bedeutung. Wer hier fremd ist, bleibt es auch. Diejenigen politischen Parteien, die meinen, ihre Delegierten bzw. Mandatsanwärter nur nach ihren politischen Proporzvorstellungen auf ihre ersten Listenplätze setzen zu dürfen oder zu können, sollten sich nicht hernach über schlechte Wahlergebnisse beklagen.