33 Jahre lang leitete, organisierte, dirigierte und motivierte Siegfried Grohmann das Orchester München-Nord. Es war und ist sein Lebenswerk.
Die Keimzelle des Laienorchesters liegt allerdings in der Ratoldstr., der Wohnung der Grohmanns, wo man in den 70er Jahren ausgiebig die Hausmusik pflegte – worauf der Untertitel des Orchesters, „Spielkreis Grohmann“, noch heute hinweist. Damals hatte der junge Familienvater und Lehrer der Ittlingerschule sein Cello wieder hervorgeholt und bildete mit einer Nachbarin und einem Kollegen ein Klaviertrio. Die Kinder eiferten dem Papa an anderen Instrumenten nach, musizierende Kinder aus den Hasenbergler Schulen gesellten sich ebenso dazu wie Musikbegeisterte im Freundes- und Bekanntenkreis. Sie alle spielten sie in verschiedenen Zusammensetzungen, als Streichtrio, als Flötenquartett… Man machte Hausmusik, gestaltete in St. Nikolaus mit den Schulkindern die Kindergottesdienste, trat mit der Schulklasse bei der Bundesgartenschau auf, musizierte bei Stadtteiltagen. Und irgendwann trauten sie sich mehr zu, wollten zusammen vor größerem Publikum spielen. Richtige Musik. Klassische Musik. Der erste gemeinsame Auftritt fand im November 1979 im Pfarrsaal von St. Nikolaus statt. Und Siegfried Grohmann, als Lehrer eh in der Rolle des Leitwolfs, wuchs in die Rolle des Dirigenten hinein. Er hatte zwar im Rahmen seines Lehramtsstudiums Musikkurse besucht, aber erst auf sechs Dirigentenfortbildungskursen des Bayerischen Musikrats bekam er in den 1980er Jahren das Rüstzeug. Wenn er von einem solchen Dirigierkurs, bei dem er beispielsweise Profimusiker wie die Hofer Symphoniker leiten sollte („für einen Laien ein schrecklicher Moment, wenn alle Musiker erwartungsvoll auf einen blicken und wirklich nur das spielen, was man dirigiert!“), zurückkam, war er heilfroh, wieder vor „seinen“ Leuten zu stehen, erinnert er sich noch heute.
Ein Leben voller Musik: Viel Arbeit, viel Ehr
Ein Laienorchester zu leiten, heißt nicht nur, die passenden Werke auszuwählen und mit dem Orchester einzustudieren. Es heißt auch, Mädchen für alles zu sein: Plakate und Einladungen für die Konzerte zu entwerfen, Noten fürs Orchester zu kopieren, sich um gute Probenbedingungen zu kümmern und nach dem Konzert den Saal aufzuräumen… Stress gab’s in all den Jahren genug, etwa als kurz vor einem Konzert der Pianist des Klavierkonzerts absprang oder sich die Harfe-Solistin ein Bein brach. Für so viel ehrenamtliches Engagement bekam Grohmann 2003, zum 25-jährigen Bestehen des Laienorchesters, die Ehrennadel des Bundesverbands Deutscher Liebhaberorchester sowie die Ehrennadel des Bezirksausschusses 24 verliehen und der Oberbürgermeister händigte ihm eine Anerkennungsurkunde aus. 2004 folgte das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten.
Nicht vergessen wollen wir, dass Karin Grohmann, die anfangs im Orchester die Querflöte spielte, ehe sie ihr Organisationstalent entdeckte und lange Jahre den Landesverband Bayerischer Liebhaberorchester (LBLO) leitete, als erste Frau im Bayerischen Musikrat (BMR) saß und die Amlo (Arbeitsgemeinschaft Münchner Laienorchester und Musikvereinigungen) gründete, ihren Mann auch in dieser Rolle unterstützte. Denn im LBLO sind beispielsweise über 140 Orchester vertreten, denen der Staat für Notenbeschaffung, Aus- und Weiterbildung Geld gibt. Und auch die Amlo, finanziell gefördert vom Münchner Kulturreferat, veranstaltet und finanziert Schulungen für Orchestermitglieder.
Die „neuen“ Gesichter am Pult und in der Organisation
Nun übernehmen Jüngere das Ruder. Vorbereitet wurde der Übergang schon länger. Der „Neue“ am Dirigentenpult, Ulrich Pfützner, ist seit 2007 Kodirigent des Orchesters. Der 1963 in Husum, Schleswig-Holstein, geborene Pfützner studierte nach dem Abitur in Mainz an der Johannes-Gutenberg-Universität Musik, Deutsch und Latein für das Lehramt an Gymnasien mit den Instrumenten Violine und Klavier. Nach dem Referendariat in Wiesbaden kam er 1996 nach München ans Käthe-Kollwitz-Gymnasium, wo er 1997 das Schulorchester aufbaute. Er hat also nicht nur eine fundierte musikalische Ausbildung, sondern auch Erfahrung mit dem Dirigieren.
Auf der organisatorischen Seite fand der Stabwechsel bereits vor ein paar Monaten statt. Dr. Monika-Yvonne Stein, die als Schülerin Grohmanns zum Orchester stieß und inzwischen knapp 20 Jahre dabei ist – seit geraumer Zeit ist sie stellvertretende Konzertmeisterin –, übernahm im März den Vorsitz des Orchestervereins. 2. Vorsitzender ist Leonard Volk, ein Musikstudent, der 2009 als Geigensolist mit dem Orchester auftrat und sonst die Bratschen unterstützt.
Dr. Monika-Yvonne Stein ist Lehrerin fürs Gymnasium mit der Fächerkombination Deutsch, Geschichte, Sozialkunde sowie Ethik. Sie wird künftig die Verwaltungsarbeit und die Organisation der Konzerte übernehmen, in enger Zusammenarbeit mit ihren Vorstandskollegen, der Konzertmeisterin Theresia Brombacher, Franz Diemer und Ulrich Pfützner. Und natürlich will Stein, die im 24. Stadtbezirk wohnt, die Kontakte zur lokalen Politik und zu den anderen Vereinen pflegen, wie Grohmann das tat. Apropos: Das Orchester ist seit einigen Monaten im Internet unter www.orchester-muenchen-nord.de vertreten.
Weiter so – auch mit neuen MusikerInnen
Trotz der personellen Wechsel soll die Orchestertätigkeit im Wesentlichen so weitergehen: Die Proben werden, wie gehabt, im Pfarrsaal von St. Nikolaus stattfinden, und zwar jeweils dienstags (außer in den Schulferien) ab 20 Uhr. Das nächste Konzert, das Cäcilienkonzert in St. Nikolaus, steht mit dem 29. November schon fest. Da es sich dabei um das erste Adventswochenende handelt, wird das Konzert einen adventlichen Rahmen erhalten. Auch das Januarkonzert bei der Arbeiterwohlfahrt soll als Beitrag des Orchesters zum guten Einstieg ins neue Jahr für die Heimbewohner fortgeführt werden.
Doch die ausgefeilteste Organisation hilft nichts, wenn engagierte Musiker fehlen. Daher: Ob Streicher oder Bläser, ob Kontrabass oder Flöte: Jeder von etwa 16 bis 99 Jahren, sei’s als junger Musiker/in frisch vom Unterricht weg oder als Wiedereinsteiger, mit und ohne Orchester-Erfahrung, ist als Verstärkung herzlich willkommen.