Die Lerchenau ist jung. Erst um 1900 zog es ein paar Siedler und Gärtner vor die Tore der königlichen Hauptstadt an die südöstliche Grenze der Gemeinde Feldmoching, vornehmlich entlang des Wegs, der von Feldmoching nach Milbertshofen führte und damals Münchner Str. hieß (seit 1947 Lerchenauer Str.).
Damals gab’s in der Lerchenauer Gegend noch viel Wald (das weitläufige Waldgebiet auf Höhe der heutigen Waldmeisterstr., das sich bis zur Schleißheimer Str. erstreckte, wurde beispielsweise zwischen 1913 und 1920), Wiesen und Kartoffeläcker, die die Feldmochinger Bauern bewirtschafteten. Die Häuser waren klein, die Gärten groß. Grund war hier, fernab der Stadt, günstig. Und das war gut so, denn die Menschen waren mehr oder weniger Selbstversorger. Jeder hatte in seinem Garten Obstbäume, Beerensträucher und vor allem viele Gemüsebeete. Ein paar Hühner, Hasen, Gänse, Schafe oder Ziegen vervollständigten die Eigenversorgung. 1911 zählte man in der Gegend 12 Häuser.
Am 24. April 1915 beschloss der Feldmochinger Gemeinderat auf Antrag der „freien Vereinigung Lerchenau“, das Gebiet offiziell „Kolonie Lerchenau“ zu benennen. In der Folge entstanden mehr Häuser, besonders von Arbeitern der nahen Metallbetriebe. Bei der Eingemeindung Feldmochings in die „Hauptstadt der Bewegung“ zählte die Lerchenau 1.896 Einwohner in rund 600 Haushalten. In dieser Zeit des Aufbruchs, aber auch der Vorbereitung auf den nächsten Krieg gründeten die Lerchenauer also ihren Siedlerverein. Vereine dieser Art wurden von den Nationalsozialisten gefördert, wollten diese doch eine möglichst umfassende Selbstversorgung des deutschen Volkes erreichen. Die schlimmen Erfahrungen aus dem berüchtigten „Dotschenwinter“, dem Hungerwinter 1916/17, als es keine Einfuhr von Lebensmitteln aus dem Ausland mehr gab und die Kartoffelfäule die Ernte in Deutschland ruinierte, war den Nazis noch sehr präsent. Ziel und Zweck des neuen Vereins war denn auch vor allem der Gartenbau und die Obstbaumpflege.
Der Zusammenhalt in der Not war groß
Während nach der „Machtergreifung“ der Nazis politische Parteien schnell verboten und mit Gewalt aufgelöst wurden, ließen die Nazis nichtpolitische Vereine bestehen, schaltete sie aber wie die Länder gleich, sprich vom Sängerbund über den Turnverein bis hin zur Freiwilligen Feuerwehr wurde landauf, landab aus den lockeren Vereinigungen schnell ein festes, hierarchisch gegliedertes Zwangssystem, dem alle Ortsvereine beizutreten hatten. Gleiches geschah bei den Siedlervereinen: Der am 10. Mai 1919 gegründete Dachverband „Freie Arbeitergemeinschaft für Kriegersiedlung ev. Sitz Dresden“ (am 27. Januar 1923 in „Allgemeiner Sächsischer Siedlerverband“ e. V. umgetauft) wurde am 2. Juli 1933 in „Deutscher Siedlerbund e. V. Sitz Dresden“ umbenannt und erhielt am 8. November 1935 als einzige Organisation die Betreuung aller Kleinsiedler, Heimstätten und Eigenheimsiedler vom Staat übertragen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Siedlerbund nur Einzelmitglieder, die je nach Bedarf in Siedlergemeinschaften, Kreisgruppen und Gaugruppen zusammengefasst worden waren.
Das Leben war hart, und wurde ab 1939 noch härter. Der junge Verein hielt sich in der Kriegs- und der ersten Nachkriegszeit nur mit Müh und Not über Wasser, wie in der ersten Festschrift zum 25. Jubiläum nachzulesen ist. Dennoch konnte von 1939 bis 1945 die Mitgliederzahl von rund 40 auf 90 gesteigert werden – die Mitgliedschaft hatte nämlich Vorteile wie den Geräteverleih und die Zuteilung des raren Kunstdüngers.
Der Aufschwung kam 1948, nach der Währungsreform
Mit dem Wachsen der Siedlung sah der Verein seine Aufgabe aber nicht mehr nur im Gartenbau, auch wenn man natürlich weiterhin den Mitgliedern bei der überhand nehmenden San-José-Schildlaus oder der Pfirsichblattlaus half, ihnen Geräte zur Obstbaum- und Beerensträucherpflege frei zur Verfügung stellte und Vorträge über die Obst- und Beerenverwertung anbot. Man wollte sich darüber hinaus um die sozialen Belange der armen Nachkriegsbevölkerung kümmern und aktiv das öffentliche, kommunale Geschehen gestalten. Die Themen reichten vom Straßenbau (1950 gab’s in der Lerchenau ein Straßennetz von 15 km, wovon aber die Stadt nur 3,4 km unterhielt) über die Straßenbeleuchtung hin zur eigenen Volksschule für die zahlreichen Lerchenauer Kinder, von der Omnibuslinie bis zur Poststelle. In den 60er Jahren waren der Ärger um das Esso-Tanklager sowie die Errichtung der Sommereisstockbahn neben der Bezirkssportanlage beherrschende Themen. Diese Bahn war der besondere Stolz des Vereins und gut frequentiert, musste aber schon bald wegen der Beschwerden der Nachbarn wieder geschlossen werden.
Viele Männer und Frauen engagierten sich im Laufe der Jahre für die gemeinsamen Ziele. In der Amtszeit des Vorsitzenden Ludwig Piendl (1954-1975) wuchs die Zahl der Mitglieder von 184 auf über 600. Denn bei allem kommunalpolitischen Engagement blieb die Geselligkeit nicht auf der Strecke: Man veranstaltete fröhliche Weinproben, Kaffeekränzchen, Faschingsbälle, Weihnachtsfeiern, Maitänze und Ausflüge mit dem „Gläsernen.