
Wussten Sie, dass der Feldmochinger Mühlbach, der östlich des Sees vorbeifließt, früher ein Fluss war? Und dass das kleine Gewässer, das in der Nähe der ehemaligen Obermühle, wo heute das Gartenreferat, Unterhalt Nord ist, mit der Schleuse aus dem Mühlbach abgeleitet wird, Auwasser heißt und nur kurz ist, aber eine lange Geschichte hat?
Unsere heutigen Gewässer entstanden aus verschiedenen Gründen: Zuerst einmal gibt es die von der Natur geschaffenen Bäche, wobei der heutige Feldmochinger Mühlbach mit seinen Zuflüssen einst Oberlauf des Flusses Moosach war. Ihre Betten wurden in den Eiszeiten geschaffen. Erste menschliche Eingriffe gab es früh: Drei Mühlen wurden im Mittelalter an der Moosach auf Feldmochinger Gebiet gebaut, für die man kleine Bäche brauchte, die überschüssiges Wasser aus den Mühlen ableiteten. Die Obermühle wird laut Volker Laturell (Feldmoching-Hasenbergl-Buch) erstmals 819 erwähnt, die Mittermühle 1468 und die Untermühle 826. Heute existieren noch zwei dieser Mühlen samt ihren Umlaufgräben: die Mittermühle mit dem Schrederbächl und die Obermühle mit dem Auwasser.
Die Eingriffe von Herzog Wilhelm V. und vor allem vom absolutistischen Kurfürsten Max II. Emanuel ins Gewässersystem kamen später, waren radikaler und wirkten sich nachhaltig auf die Wiesen- und Moorbäche der Gegend aus: Wollte Wilhelm durch den Würmkanal 1601 vor allem seine Schwaige bei Schleißheim mit zusätzlichem Wasser versorgen, schwebte dem „Blauen Kurfürsten“ rund 90 Jahre später Größeres vor. Er wünschte ein Kanalnetz zu schaffen, um zwischen seinen Schlössern hin und her zu fahren. So entstand das Nordmünchner Kanalsystem, das ursprünglich 50 km lang war und heute noch auf 36 km Länge existiert. Es bietet Gelegenheit beispielsweise zu Radltouren „entlang barocker Wasserwege“.
So wurde das Schloss Nymphenburg 1701 mit der Würm (Pasing-Nymphenburger Kanal) verbunden, und 1702-1704 entstand der Nymphenburg-Biederstein(er) Kanal zunächst bis zur Georgenschwaige, wo von Süden her auch der gleichzeitig gebaute Türkengraben einmündete, der Wasser der Münchner Stadtbäche mitbrachte. Der Türkengraben wurde allerdings schon 1811 wieder zugeschüttet. Später wurde der Kanal mit dem Schwabinger Bach, der ein Seitenarm der Isar ist, verbunden.
Schloss Schleißheim wurde 1689 durch den Schleißheimer-Kanal (auch Isar-Schleißheimer-Kanal oder Dirnismaninger-Kanal genannt) mit dem Schwabinger Bach und 1691/92 durch den (Dachau-)Schleißheimer-Kanal mit Dachau verbunden. Außerdem nutzte Max II. Emanuel den Kanal, den sein Großvater Wilhelm V. zwischen der Würm und Schleißheim angelegt hatte, den Wilhelminischen Kanal, auch Alter Würmkanal genannt, und begradigte ihn 1690-1691 zum heutigen Würmkanal. Der hat bekanntlich gerade auf den nördlichen Teil Feldmochings einen nicht unerheblichen Einfluss.
Die dritte große Veränderung kam im 20. Jahrhundert, als der Mensch die Vergangenheit vergaß beziehungsweise ihm diese immer unwichtiger wurde: Alle inneren Münchner Bäche wurden geschlossen (später aber teilweise wieder geöffnet). Auch an Feldmoching ging die Zeit nicht spurlos vorüber. Man ließ Bäche auf oder vernachlässigte sie. Der Feldmochinger Dorfbach etwa wurde verrohrt und verschwand unter der Erde. Selbiges Schicksal erlitt der Steingraben. Anderen Bächen wurden durch den Bau von Häusern und Straßen die Quellen genommen, so dass sie austrockneten. Weg sind etwa der Ferchenbach und der Franzosengraben; der Grenzgraben wurde durch den Bau der Regattaanlage unterbrochen.
Auch heute sind die Bäche und das gesamte Kanalsystem zum Teil immer noch in keinem besonders guten Zustand: Der Wasserstand ist teils sehr niedrig, teils sind die Bachläufe, da auf Privatgrund, unzugänglich wie das Ende des Kälberbachs oder große Teile des Schrederbächls. Und bisweilen sind sie einfach ungepflegt: So existiert die Uferbegrenzung des Feldmochinger Mühlbachs teils gar nicht mehr, Uferbewuchs hat das Auwasser fast zuwuchern lassen.
Auch wenn es also alles in allem im Gegensatz zu früher nicht mehr viele Bäche oder Bachabschnitte gibt, an denen man sich freuen kann, wollen wir uns doch in einer Artikelserie mit den Bächen in unserer Gegend befassen, mit einem Gebiet, das im Norden vom (Dachau-)Schleißheimer-Kanal, im Süden vom Rangierbahnhof, im Osten von Schloss Schleißheim, im Nordwesten vom Kalterbach und im Südosten vom Schwabenbächl begrenzt wird.
Auch auf „Kreuzungen“ wollen wir eingehen. Denn aufgrund der Eingriffe des „blauen Kurfürsten“ kreuzten einige natürliche Bäche, die meist nordwärts fließen, die west- beziehungsweise ostwärts orientierten Kanäle. Drei Kreuzungen gibt es noch. Bei einer fließt der Kalterbach unter dem höher liegenden Würmkanal durch. Bei der zweiten vermischt sich das Wasser des (Dachau-)Schleißheimer-Kanals mit dem des Schwebelbachs, sprich hier treffen Würm- und Isarwasser aufeinander. Die dritte Kreuzung ist nicht sehr imposant, weil der Schwebelbach bereits einige Meter vor der Mündung des Feldmochinger Mühlbachs aus dem Würmkanal abgeleitet wird und so eigentlich gar nicht mehr als Fortsetzung des Mühlbachs gelten kann.
Ein Beitrag von Carl Seebode / rer