Witzigerweise hatte ich auf einer Datingapp mal ein Gespräch mit einem Stadtplaner (Urbanist nannte er sich). Zwischen seinen Versuchen, mich auf einen Kaffee einzuladen, fragte er: „Wohnst du mit Absicht in Feldmoching? Für mich wäre das nichts.“ Immer wieder höre ich auch von neuen Bekanntschaften aus der Innenstadt: „Du Arme. Wer will schon dort wohnen?” Ich bin also ausreichend sensibilisiert, um eine gewisse unterschwellige Überheblichkeit bei einigen Organisatoren im Planungsreferat zu spüren.
Das lokale Unwissen der beauftragten Büros – aus Berlin, Hannover, Zürich, Kopenhagen, Weimar … – war ab und zu ein Hindernis. Eine Planerin aus Hannover, etwa, musste während unseres Gesprächs kurz googeln, wo Nymphenburg liegt. Andererseits wirkt dieser fremde Blick gut gegen die Betriebsblindheit der hiesigen Planer (und vielleicht auch der Initiativen). Die Büros, mit denen ich sprach, hörten aufmerksam und unvoreingenommen zu. Aus der Abstrakte schafften sie es, die Werte des Orts, in dem ich aufgewachsen bin, einzufangen: Natur, Nachbarschaft, regionale Landwirtschaft. Sie hatten gute Ideen: feine, begrünte Rad-, Geh- und Traktorwege, etwa. Ein verbesserter ÖPNV.
Auffällig war jedoch die fast surreale Verniedlichung der beauftragten Büros durch die Vertreter der Landeshauptstadt. „Seien Sie bitte nett zu ihnen! Mit wenig Zeit haben sie ihr bestes gegeben, Ihnen zuzuhören”, hob der Moderator hervor. Durch die ganzen Buntstifte, Sticker und liebevollen Zeichnungen auf den Landkarten fragt man sich, ob die Stadt die Ideen auch transparent umsetzen wird. „Wir haben absolute No-Go Bereiche für die SEM identifiziert“, sagte eine Planerin und deutete stolz auf ihre Präsentation, auf der nur die drei Seen eingefärbt waren.
Ich bezweifle, dass die Wohnkosten dem einfachen ökonomischen Prinzip folgen: mehr bauen = niedrigere Preise. Nicht, solange die Stadt die Baurechtsspekulationen gewissenlos weitererlaubt. Wogegen sie in der Werkstatt keinerlei Strategien vorzeigt. Außerdem: Mit der massiven Nachverdichtung, bei der ganze neue Kleinstädte entstehen, sinkt Münchens Lebensqualität deutlich. Die Untergangsstimmung spürt man in den vollen U-Bahnen, an den überlaufenen Seen und wird auch in internationalen Rankings bestätigt.
Ich sehne mich hier in Feldmoching schon nach einem einheitlicheren, kontrollierten, wild-naturnahen Zukunftskonzept. Ich träume von den neoklassizistischen Skizzen für München, die damals eine harmonische, grüne Ästhetik über alles setzten. Ich mache mir Sorgen, dass die Entwicklung willkürlich, blockartig zusammengewürfelt vorangeht und die Hässlichkeit zunimmt (man denke an den Walter-Sedlmayr-Platz).
Und was die Arroganz meiner innerstädtischen Bekannten angeht: Ich nehme es ihnen nicht übel. Irgendwie müssen sie ja ihre horrenden Mieten innerlich rechtfertigen. Luisa Hill
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