München wächst und wächst. Heute leben hier bereits 1,6 Millionen Menschen. In 15 Jahren sollen es 1,8 Mio. sein. Wo ist die Grenze, wo das Ende? In den ersten beiden Printausgaben wird sich der Lokal-Anzeiger wieder mit den geplanten großen Neubaugebieten und den zahllosen Nachverdichtungen im 24. Stadtgebiet beschäftigen und was uns das neue Jahr diesbezüglich bringen wird. Wir haben dazu nicht die Glaskugel, sondern die städtischen Referate, Unternehmen, Einrichtungen, Vereine etc. befragt, um zu erfahren, was 2025 auf uns zukommt. Ausgabe 1 wird morgen im Handel sein und hoffentlich, wenn die Post einigermaßen arbeitet, am Freitag auch bei den Abonnenten. Im folgenden haben wir einen Kommentar zu diesem unverdrossenen Wachstum erhalten.
Ständig wird uns vorgegaukelt, wir bräuchten das Wachstum, die großen Global Player und die vielen start-ups: Wegen der Arbeitsplätze, heißt es – dabei hat München ohnehin einen großen Arbeitsplatzüberschuss. Wegen der Gewerbesteuer, heißt es, um all die vielen neuen Wohnungen, Kitas und Schulen zu bauen, und die Erweiterung der Verkehrsinfrastruktur – kurz – um das Wachstum zu finanzieren.
Dafür wird auf Immobilienmessen kräftig für München geworben, werden die Universitäten vergrößert – und wenn in München kein Platz mehr vorhanden ist – versiegelt man eben dafür die Böden in Garching, Martinsried und Oberschleißheim. Hauptsache der Zuzugsturbo wird kräftig angetrieben: immer mehr, immer größer, Wachstum, Wachstum ist das Mantra.
München profitiere von diesem Wachstum, schreibt das Planungsreferat. Nun ja: vielleicht die Investoren und die Geschäftsleute in der Fußgängerzone – aber für uns Normalbürger bedeutet das doch: immer mehr Baustellen, immer mehr Verkehr, mehr Dreck, mehr Lärm, mehr Enge in den U-Bahnen und immer weniger Grünflächen und große Bäume.
Unsere Lebensqualität sinkt mit jedem Quadratmeter der versiegelt wird, es wird viele Hitzetote geben.
Der Schuldenberg der Stadt wird immer größer, die Ausgaben für das Wachstum wachsen uns über den Kopf.
Und die Reichen werden immer reicher und die Armen können keine Miete mehr bezahlen.
Deshalb hört die Stadt nicht auf, uns einzureden, wir müssten nur viel bauen, damit die Wohnungen billiger werden. Jedoch – so verfolge ich das seit zig Jahren: Je mehr wir bauen, umso teurer werden sie – logischerweise, da Baugrund umso teurer wird, je knapper er ist.
Hat sich eigentlich schon mal jemand überlegt,
Wie viel Ingenieure, Bauarbeiter, Fliesenleger, Elektriker … wir brauchen, um in 15 Jahren Wohnungen für 200.000 Menschen – das ist mehr als Regensburg Einwohner hat – in München „hineinzubauen“?
Und woher rekrutieren wir diese vielen Fachkräfte? – vermutlich aus Polen, Rumänien, Kroatien…
Wo bauen wir all die Wohnungen für diese Menschen? Und die Schulen, Kitas…für deren Kinder?
Und woher rekrutieren wir die Lehrer, Erzieher, Ärzte und Krankenschwestern die wir brauchen, für so viele Neubürger ?
Und die brauchen alle auch wiederum Wohnungen…..
Wie viel Fläche müssen wir noch versiegeln – allein für deren Parkplätze und die ganze Verkehrs-Infrastruktur, die dieses Wachstum erfordert? Wer soll das alles bezahlen? Und – wie managen wir den zusätzlichen Verkehr?
Wir drehen an einer Spirale, die sich immer weiter hochschraubt.
Und bauen dem Wachstum ständig hinterher. Dabei ist München bereits jetzt die am dichtesten besiedelte Großstadt Deutschlands, innerhalb des bevölkerungsreichsten Landkreises in ganz Bayern und die mit Abstand am stärksten zugepflasterte Metropole in ganz Deutschland.
Aber unser Oberbürgermeister meint: „Nur durch dieses Wachstum können wir es uns leisten, hunderte Millionen Euro in Kultur und Milliarden in Schulen zu stecken.“*
Ich bin da eher bei Alt-OB Kronawitter (SPD), dessen Motto lautete: „Wachstum ist nicht um jeden Preis erstrebenswert“. Er verwies auf die Bedeutung von Grünflächen als „grüne Lunge“ und weigerte sich standhaft die letzten verfügbaren Areale für Bebauung freizugeben – weder für Gewerbe noch für Wohnungen, denn (Zitat):„wenn er jetzt zulasse, dass die Stadt zuwuchert, gehe die Lebensqualität der Bürger verloren“.
Der Quadratmeterpreis für Mieten lag damals (1991) bei 7.-€. Heute beträgt er das dreifache, Tendenz steigend!
Ebenso ist der Schuldenberg um fast das dreifache angestiegen: von 2 645 332 (1991) auf fast 7,5 Milliarden (2025). Auch hier: Tendenz steigend!
Das Wachstum ist an seiner Grenze, und zwar, aus ökologischer, klimatologischer, wasserwirtschaftlicher, verkehrspolitischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht.
Sonja Sachsinger
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