Die Mispel scheint sich in unserer Region, vornehmlich an Bächen und auf anmoorigen Standorten mit einer im Schnitt höheren Luftfeuchtigkeit, sehr wohl zu fühlen. Schauen wir uns einmal die Pappelallee zwischen Feldmoching und der Fasanerie an oder die Allee der zirka 60 Jahre alten Hybrid-Pappeln entlang des Würmkanals.
Die Wipfel sind voll von Misteln, die ausgewachsen einen Durchmesser von bis zu einem Meter erreichen können. Nun könnte man ja meinen, ein Halbparasit könne seinem Wirtsbaum keinen Schaden zufügen. Schließlich entziehe die Mispel ihrem Wirt ja nur Wasser und darin gelöste Mineralien. Hat sie doch Chlorophyll-haltige grüne Blätter über ganze Jahr hinweg, sodass sie auf dem Wege der Photosynthese die benötigten Nährstoffe selber erzeugen kann. Stimmt, aber eben nur bedingt. Denn wenn der Besatz überhand nimmt, wie es nun bei zahlreichen Bäumen im Umkreis zu sein scheint, dann können die so bewachsenen Bäume durchaus Schaden nehmen. Der ständige Entzug des Xylemsafts aus den Leitungsbahnen kann einen Baum so weit schwächen, dass er sogar ganz abstirbt.
Besonders „umweltgestresste“, ältere Bäume und ganz spezifische wie die Pappel, Linde, Birke, Weide, Ahorn usw. scheinen die Mistel geradezu anzuziehen. Aber auch Nadelbäume werden von spezifischen Mistelarten nicht verschont. Diese sind dann noch gefährdeter als Laubbäume. Sitzen die Misteln allzu dicht auf einem Ast beisammen, dann kann dieser absterben und abstürzen. Auch die Gewichtszunahme kann schon mal einen Ast zum Brechen bringen. Fazit: Die Natur hat zwar eine Symbiose von Mistel und Wirtsbaum vorgesehen, aber in einer gesunden Ausgewogenheit. Und diese Ausgewogenheit scheint in neuerer Zeit zu Ungunsten der Bäume gestört zu sein. Die Ursachen dieser Störung sind noch zu erforschen. Und auch, was man dagegen tun kann.
Die Mistel wird durch Vögel verbreitet. Die Vögel fressen die weißen Früchte, deren Samen sie nicht verdauen und wieder ausscheiden. Fallen diese mit dem Vogelkot auf einen Baumast, dann keimen sie dort schnell aus und beginnen ihr Wachstum. Die „Weiße Mistel“ kommt in allen gemäßigten Regionen Europas vor. Wegen ihrer mehr oder weniger starken Giftigkeit ist die Mistel nicht essbar, auch Tiere meiden sie. Jedoch enthält sie Stoffe mit heilender Wirkung, weshalb sie bei Heilmitteln und auch in direkter Anwendung als eine Art Heildroge Verwendung findet. Und ein weihnachtlicher Kuss unter einem Mistelzweig, wie es etwa in England Brauch ist, kann vielleicht auch eine Art Drogenwirkung bei jungen Paaren haben. Schaden haben sie aber nicht zu befürchten. Denn, so sagt man, küsst sich ein junges Paar unter einem Mistelzweig, dann läuten im kommenden Jahr die Hochzeitsglocken.
Goaßzipfe meint
Hier noch eine Ergänzung. Wie auf dem Bild sehr schön zu erkennen ist, sitzen die meisten Misteln im oberen Wipfelbereich. Dort kann nur sehr schlecht ein Mistelsamen von oben auf einen Baumast fallen. Vielmehr erfolgt die Verbreitung der Mistel wie folgt, was die Natur bewußt so eingerichtet hat. Der durch die Verdauung einer Mistelfrucht entstandene Vogelkot ist sehr klebrig. Nach dem Ausscheiden hängt der Vogelkot am Anus des Vogels. Durch Abstreifen des Kotes an Ästen versucht der Vögel nun, den Kot los zu werden. Und somit gelangt der unverdaute Samen der Mistel wieder auf einen Ast und kann auskeimen. Natürlich kann durch sehr viele Misteln ein Ast so geschädigt werden, dass er vielleicht abstirbt oder durch die zusätzlich Last, v. a. im Winter bei entsprechender Schneelast abbrechen kann. Grundsätzlich hat es die Natur aber so eingerichtet (mit sehr wenigen Ausnahmen), dass ein Parasit seinen Wirt nicht soweit schädigt, dass er zugrunde geht. Damit würde er seine eigene Existenz zerstören. Grundsätzlich: Der Parasit „sägt nicht den Ast ab, auf dem er sitzt.“ Bei der Mistel ist es auch so, dass sie ihrem Wirt durch die eigene Photosynthese auch mit Assimilaten versorgt. also dem Wirt nicht nur Wasser entzieht, sondern ihm auch Nährstoffe zurückgibt. Die Mistel lebt mit ihrem Wirt eher in der Form des Kommensalismus (Tischgemeinschaft) zusammen und ist somit nicht unbedingt als Parasit einzustufen. Klugscheißmodus aus!