
Die Position von Bündnis 90 / Die Grünen im Stadtrat wie in den Bezirksausschüssen ist eindeutig: kein Anschluss der Schleißheimer Str. an die A99. Durch den Bau des Tunnels würde wertvolles FFH-Gebiet zerstört und damit letztlich auch den Menschen im Münchner Norden die gesunde Lebensgrundlage entzogen werden, weil der Wald eine wichtige Klimafunktion ausübe. So die Argumentation der Grünen. Bei einem gemeinsamen Spaziergang durchs Hartelholz und das Naturschutzgebiet Panzerwiese wollten sich (Lokal-)Politiker, Naturschützer, ein Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und Bürger am Montag, den 18. Juli selbst ein Bild von der möglichen Zerstörung durch den angedachten Tunnelbau machen.
Der Ortsverband Nord der Grünen hatte im Vorfeld des Spaziergangs schon in etwa die mögliche Trasse markiert, damit sich die Flaneure ein besseres Bild von der Situation machen konnten. Bis dato ist der Trassenverlauf zwar nicht festgelegt, vermutlich dürfte er aber sehr knapp neben den Punkthochhäusern an der Thelottstr. vorbeiführen, um den Eingriff ins FFH-Gebiet möglichst gering zu halten, so wurde an diesem späteren Nachmittag gemutmaßt.
22 m soll der geplante zweispurige Autobahnzubringer (samt gefordertem Standstreifen) breit sein. Dazu kommt der Platz fürs schwere Gerät, denn aus Kostengründen soll der Tunnel in offener Bauweise und nicht in Bergbauweise per Vortrieb erstellt werden. Der betroffene Waldbereich müsste dann komplett gerodet werden und bis der Waldabschnitt dann wieder so ist, wie er jetzt ist, werden Jahrzehnte vergehen.
Der Intention, den Eingriff ins FFH-Gebiet möglichst gering zu halten, dürfte auch die Tatsache geschuldet sein, dass das Planungsreferat lediglich einen Halbanschluss gen Westen vorsieht. Ein Vollanschluss, also auch die Auf/Abfahrtsmöglichkeit gen Osten, wie ihn die CSU möchte, würde deutlich mehr Fläche verbrauchen, erläuterte OV-Sprecher Jürgen Trepohl. Zu sehen sei das etwa beim neuen Anschluss Aschheim/Ismaning.
Aus Kostengründen soll der Tunnel nur zweispurig werden
Den Spekulationen über einen kurzen Tunnel oder gar eine oberirdische Anbindung der Schleißheimer Str. an die A99, wie sie an diesem Abend auch angestellt wurden, wollen wir hier nicht nachgehen, da Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher versicherte, dass man im Stadtrat wirklich nur die 3 km lange Tunnellösung diskutiere, wobei ihm immer noch unklar sei, warum diese Röhre, doppelt so lange wie der Richard-Strauss-Tunnel, nur halb so viel kosten solle wie dieser. Dass der Autobahnzubringer nur zweispurig geplant sei – und damit nichts bringe, wie viele Teilnehmer des Spaziergangs meinten –, hat laut Bickelbacher zwei Gründe: die Kosten
und dass man meint, eine zweispurige Straße durch das U-Bahn-Sperrengeschoss Dülferstr. legen zu können, während eine vierspurige Straße unterhalb des Einkaufszentrums Mira gelegt werden müsste, auf dass es aus dieser Tiefe keine Anbindung an die Dülfer- und/oder Neuherbergstr. geben könnte, was etliche Anwesende auch wieder blöd fanden, weil sie dann von dem Autobahnzubringer gar nichts hätten und wieder zur Ingolstädter Str. fahren müssten. Anwohner der Ingolstädter Str. dagegen fanden die Grünen-Idee, ganz auf den Tunnel zu verzichten, auch keine Lösung für sich (dasselbe gilt für Feldmoching) und plädierten für eine gerechte Verteilung der Lasten. Fazit: Man fand bei diesem Spaziergang also nicht nur wilde Orchideen und lauschte dem Gezwitscher des Grünspechts, sondern tauschte auch durchaus konträre Standpunkte aus.
Die Grünen-Argumente gegen den Tunnel Schleißheimer Str.
Eine neue Straße ziehe nur noch mehr Verkehr an („wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“), der Tunnel sei eine reine Baumaßnahme für Pendler, aber nicht für München, so war zu hören. Der Tunnel halte zwar den Lärm fern von den Anwohnern, aber irgendwo müssten ja die Abgase hin. Ferner sei er ein weites Einfallstor für den Verkehr von außen, vor allem wenn man bedenke, dass die neuen Bewohner von Freiham künftig schnell auf die A99 fahren werden, wenn man bedenke, dass die A92 zum Flughafen ausgebaut wird und wenn man bedenke, was noch so im Bundesverkehrswegeplan stehe, etwa ein dritter Allacher Tunnel. 5.000 Bäume fielen jährlich in München den Bebauungsplänen zum Opfer, da solle nicht auch noch das FFH-Gebiet Hartelholz angetastet werden, wiewohl einige der rund 40 Spaziergänger meinten, der Wald werde eh schon intensiv mit schwerem Gerät fortwirtschaftlich genutzt (Fällen von großen Kiefern und alten Eichen) und man sehe kaum einen alten, wertvollen Baumbestand auf der möglichen Trasse.
Die „grünen“ Alternativen zur Tunnellösung
Ein FFH-Gebiet ist besonders geschützt und darf wirklich nur dann angetastet werden, wenn es alternativlos ist. Doch die Grünen sehen durchaus Alternativen. Die Stadt habe immer gesagt, das FIZ Future, der Ausbau von BMW um bis zu 15.000 Arbeitsplätze, gehe auch ohne die von BMW gewünschte Autobahnanbindung, erklärte Stadtrat Bickelbacher und OV-Sprecher Jürgen Trepohl ergänzte, es fehlten im Münchner Norden nicht Autobahnanschlüsse, sondern Tangentialen im Netz des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV), etwa vom Hasenbergl nach Fröttmaning. Er plädierte ferner für die Aktivierung des Nordrings und des Gütergleises an der Berberitzenstr. für den Personenverkehr, auf dass darüber beispielsweise ein Zug von Freising direkt bis vors Eingangstor von BMW fahren könne. Statt das Geld in einen langen Tunnel zu versenken, so das Credo der Grünen, sollte man es lieber für Verbesserungen im ÖPNV (und für Lärmschutz der Bahnanwohner) ausgeben.
Wie heikel eine mögliche A99-Anbindung durch dass FFH-Gebiet ist, zeigt sich auch daran, dass der Bund Naturschutz schon angekündigt hat, dagegen gegebenenfalls vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. Das dürfte jede Bauaktivität auf Jahre hinaus verzögern.
Skizze: OV Nord Bündnis 90 / Die Grünen
Knut Israel meint
Es ist ja nett, wenn sich Bürger Gedanken über das FFH-Gebiet machen. Bei diesem Tunnel-Projekt geht es für mich weniger um den Naturschutz auf diesen Flächen, sondern um den Schutz der Anwohner der Schleißheimer Straße. Es ist bekannt, dass täglich zusätzlich 7000 bis 10000 Fahrzeuge auf die Schleißheimer Straße gezogen werden, wenn ein Tunnel gebaut wird. Die Anzahl der Befahrung von LKW’s wird sich vervielfachen.
Alles nur für paar Arbeitsplätze? Als nur für die Pendler, die im Grünen wohnen wollen und den Städtern die Luft verpesten?
Aus dem Biotop Virginia-Depot wird der Mensch „herausgeschützt“ und dafür dürfen die Anwohner der Schleißheimer Straße Abgase und Lärm ungeschützt konsumieren. Danke liebe Stadtpolitiker!
Die Politik ist unfähig, ein Verkehrskonzept für den Norden von München zu erstellen. Dazu gehört der Individualverkehr, der öffentliche Verkehr und natürlich auch der Güterverkehr für die Industrie.
Die Autobahnanbindung der Schleißheimer Straße ist kein Konzept und auch keine Lösung für die Anwohner in diesem Gebiet.
Ich kann nur hoffen, dass es eine Klagewelle gegen diesen Tunnelirrsinn geben wird.