Die Bebauung an der Ratold-/Raheinstr. und die Neubauten an der Hochmuttinger Str. sind nicht die einzigen Aktivitäten, die den Feldmochingern in den nächsten Jahren drohen. Auch die Bergwachtsiedlung, vor einem guten Jahrzehnt schon einmal angedacht und dann wieder verworfen, nimmt nun allmählich doch Gestalt an. 2.500 Wohneinheiten und mehr sollen auf den Äckern zwischen Lerchenauer- und Lerchenstr. über kurz oder lang Platz finden.
Vor einigen Wochen trafen sich an einem Dienstag die rund 50 Grundstücksbesitzer der „Bergwachtsiedlung“ im Feldmochinger Hof. Dabei wurden sie, wie uns ein Teilnehmer der Versammlung berichtet, gehörig unter sozialen Druck gesetzt. Denn es hieß, wenn nur ein Grundstücksbesitzer gegen die Bebauung sei, dann würden alle zwangsenteignet werden von der Stadt zu einem Preis von etwa 50 Euro/qm! Und das für Bauerwartungsland!? Wer mag sich da, noch dazu in einer öffentlichen Abstimmung, gegen seine Nachbarn stellen? Obwohl man nicht will, dass die Heimat durch die Bergwachtsiedlung in ein zweites Messestadt Riem verwandelt wird mit bis zu achtstöckigen Betonklötzen in der Mitte, mit immer mehr Verkehr, mit Neu-Feldmochingern, die keinerlei Bezug zu Feldmoching haben … Eigentlich, so hieß es einmal, werde der Bauträger Concept Bau die Grundstücke erwerben, nun sollen die Grundeigentümer, so wurde uns berichtet, wohl an die Stadt verkaufen… Ein Alptraum für viele Feldmochinger!
Zu diesem ganzen Szenario passt ein Gedicht, das uns eine Feldmochingerin hat zukommen lassen.
Mei scheens Feldmoching …
Mei scheens Feldmoching, wos is aus dir wordn
I leb meiner Lebtag do, i bin do geborn.
Meine Eltern und Großeltern ham für mi wos gschaffa,
Jetzt kemma de Zuagroaßtn, einfach so daherglaffa.
Mit Anhänger und Wohnwägn parken’s d’Lerchenstraß zua,
des is ganz sche ausgchamt, do kriag i echt gnua.
An Pfarrer oder de Kircha alloa kennt koana mehr vo drinna,
Es fangan eh scho langsam olle mitananda o zum Spinna.
Jetzt woins Betonbarackn aufziagn, genau vor meiner Nosn,
Soll i mir des Projekt do odoa? Ihr kennts ma an Schuah aufblosn!
Jetzt sogst Du: „Mei, dann muaßt wohl oder übel woanders hiziagn?“
Zwangsenteignen lass i mi ned, so leicht lass i mi ned unterkriagn.
30 % Sozialbau, juhuuu, wos wui ma mehr!?
Baut’s uns hoid glei no a Asylantenheim her.
Des Hosenbergl könn ma bei uns glei no erweitern,
An achtstöckigen Blöckn soll’s schließlich net scheitern.
Möcht’ von Euch jemand in de schwachen Wohnblocks wohna?
Ned? Aber an den Anblick könnt’s Euch scho moi gwohna.
Wunderbar werds ausschaun, wia in der Messestadt Riem.
So hams es vorgsehn, so steht’s planmäßig gschriebn.
Zwoatausendfünfhundert Wohnungen und vielleicht no a paar mehr –
I gfrei mi schon jetzt auf den „bisserl Verkehr“.
De liabe Morgensonne werden mia nimmer aufgehn sehn,
weil dann do de riesigen, schattigen Wohnblöcke stehn.
Freili, der ganze Acker ist Bauerwartungsland,
aber wenn scho wos gmacht werd, dann mit a wengerl Verstand!
Der Mais, die Gerste, der Weizen, des ganze Korn,
I hab euch immer gern wachsen sehn,
mei Feldmoching, wos is aus dir wordn …
R. F.
MFX meint
Normalerweise schreibe ich weder Leserbriefe noch Kommentare – aber hier möchte ich nun doch auch meine Meinung äußern.
Zunächst: für wen spreche ich (wg. Definition „man“). . Ich spreche für mich, meine Familie, meine Bekannten und meine Freunde, und das nicht NICHT alles Feldmochinger, wohl aber Münchner Bürger.
Ja, wir brauchen Wohnraum. Ja, wir brauchen unbedingt bezahlbaren Wohnraum. Die große Frage ist für uns (Definition für „uns“: siehe oben), warum in den vielen vielen zurückliegenden Jahren nicht die Wohnungen gebaut wurden, die heute fehlen, Sondern Luxuswohnungen, Wohnanlagen, die nahezu leer stehen, da die Eigentümer dort nicht wohnen sondern einen Zweitwohnsitz unterhalten. Wohnungen, in denen arabische Medizintouristen wohnen. Wir ziehen aus ganz Deutschland hochbezahlte Mitarbeiter nach München, die dann natürlich Wohnraum suchen und es sich leisten können, horrende Preise zu bezahlen. BMW baut ein FIZ – wunderbar für eingehende Gewerbesteuern, gar keine Frage, aber die Menschen, die dort arbeiten werden, werden Neumünchner sein und neuen Wohnraum brauchen. Wer sind die „Verlierer“ in diesem „Spiel“ ? Alleinerziehende, die in München vielleicht sogar geboren sind und sich ihre Heimatstadt plötzlich nicht mehr leisten können. Rentnerinnen und Rentner dito. Städtische Angestellte in Krankenhäusern, Kindergärten und alle, die im Pflegebereich arbeiten.
Die Stadt ist SPD-regiert. Warum ausgerechnet unter der Führung des Mieteranwalts Christian Ude hier so große Versäumnisse entstanden sind, ist schwer zu verstehen.
Wir möchten hier keine politische Grundsatzdebatte. Wir möchten hier auch keine Schuldigen suchen, benennen, anprangern. Schon gar nicht Menschen aus aller Herren Länder, die schutzsuchend oder in der Hoffnung auf ein besseres Leben zu uns kommen.
Nein, die Frage ist, wo möchte diese Stadt hin, in welche Richtung möchte sie sich entwickeln, und welche Entwicklungen sind sozialverträglich und dabei auch noch stadtgestalterisch sinnvoll.
Und somit wären wir bei Feldmoching. Ja, natürlich muss die Bergwacht-Siedlung gebaut werden, die Pläne dafür liegen meines Wissens seit fast 15 Jahren fertig in den Schubladen. Dass das verkehrstechnisch eine Katastrophe wird, wenn nicht zeitgleich sämtliche Bahnübergänge ohne Schranken gequert werden können, weiß jeder, der hier wohnt. Aber es muss zum einen FAIR gegenüber den Grundstückseigentümern ablaufen. Was spricht dagegen, wenn z.B. ein Grundeigentümer noch die Genehmigung erhält, ein Doppelhaus für seine Kinder zu errichten und dann den Restgrund an die Stadt verkauft?
Auf einer Bürgerversammlung verbalen Druck auszuüben, ist zutiefst undemokratisch. (Ich wäre ja aufgestanden und hätte darum gebeten, dass dieser Wortlaut schriftlich von der Rechtsabteilung der Stadt München an alle betroffenen Eigentümer ergeht, damit man sich rechtlich beraten lassen kann. )
Zum anderen kann man durchaus bauen und dabei dennoch die örtlichen Gegebenheiten vernünftig und mit Augenmaß einbeziehen. Wer ernsthaft darüber nachdenkt und diskutiert, in eine gewachsene Bebauung von 2- bis 3-stöckigen Häusern plötzlich 16-stöckige Hochhäuser zu setzten, tut mir Leid, solche (Lokal-) (Stadt-) Politiker können wir schlichtweg nicht mehr ernst nehmen und auch nicht verstehen. (Kommentar meines volljährigen Sohnes: und auch nicht brauchen)
TKÖ meint
1. Wer ist „man“? Kommunalwahl 2014 (Ergebnis Feldmoching)
CSU 45,5 % (https://csu-rathaus-muenchen.com/tag/wohnungsbau/)
SPD 38,0% http://spd-rathausmuenchen.de/antraege/?id=257552)
„Man“ ist in der Demokratie immer der Mehrheitswille und nicht die Forderung der Ortsansässigen, dass alles so bleibt wie es ist!
2. Also will „man“ nur Alt-Feldmochinger mit Bezug zu Feldmoching? Da wird es aber Zeit, sich mit der Tatsache abzufinden, dass auch Feldmoching nur noch ein Stadtteil einer ständig wachsenden Großstadt mit allen Vor- und Nachteilen ist!
=> https://de.wikipedia.org/wiki/Niederlassungsfreiheit
3. Ein Blick in die Presse erweitert die Sichtweise über den dörflichen Tellerrand hinaus ungemein z.B.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/fluechtlinge-muenchen-wohnungen-asyl-unterkuenfte-wohnraum
https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtinfos/Presse-Service/2016/-Mehr-Wohnen—Strategien-f-r-erforderlichen-Wohnraum.html
Oberbürgermeister Reiter: „Wir ziehen alle Register, nutzen jedes mögliche Instrument, um bezahlbare Wohnungen zu erhalten und deutlich schneller neue Wohnungen zu bauen. (…) Und die Münchner Bürgerinnen und Bürger bitte ich um Verständnis und Akzeptanz für die Projekte in ihrer jeweiligen unmittelbaren Umgebung.“
A. Wedemair meint
Sehr geehrter TKÖ,,
Ihre Einwürfe erscheinen mir zweifelsohne korrekt, sie beziehen sich aber nur mittelbar auf den Artikel. Sie scheinen den Beitrag offenbar anders verstanden zu haben als ich. Ihren Einlassungen zu „man“ kann ich daher nicht folgen. Wer mit „man“ gemeint ist, geht doch klar aus dem Text hervor. Wie Sie von „man“ auf demokratische Mehrheiten kommen, erschließt sich mir nicht. Mit „man“ sind eindeutig einige der Eigentümer der Grundstücke gemeint. So weit ich weiß, bestimmen in Deutschland immer noch die Eigentümer, was mit ihrem Eigentum passiert, solange nicht sehr schwerwiegende Gründe eine Enteignung rechtfertigen. Wie schwer eine Enteignung tatsächlich zu realisieren ist, zeigt das Beispiel des Auerbach-Grundstücks am U-Bahnhof FELDMOCHING.
Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass Sie Ihren Kommentar auf eine ideologisch-grundsätzliche Ebene gehoben haben. Ideologien haben in Deutschland seit 1933 noch nie zu vernünftigen Lösungen, sondern immer nur ins Chaos geführt. Rechte und linke Sozialisten wähnten sich im alleinigen Besitz der Wahrheit und haben Riesenschäden angerichtet, die von den Bürgern geschultert werden mussten. Gut gemeint ist auch in der Politik oft das Gegenteil von gut gemacht.
Mit Ihren Links zu den Zeitungsartikeln verweisen Sie leider nur auf die Ursachen der aktuellen Probleme, aber nicht auf brauchbare Lösungsansätze. Mir ist auch nicht klar, was Sie mit dem Zitat des Wikipedia-Artikels über die Niederlassungsfreiheit belegen wollen. Denn ich unterstelle, dass Sie ebenso realistisch denken können wie ich. Insofern wissen Sie wahrscheinlich auch, dass sich aus der Niederlassungsfreiheit kein Anspruch auf günstigen Wohnraum an einem beliebigen Ort Ihrer Wahl ableiten lässt, nicht wahr?
Außerdem bin ich im Gegensatz zu Ihnen ziemlich überzeugt, dass die Feldmochinger deutlich mehr Weitblick haben als so mancher (Bundes-)Politiker (m/w). Mit reiner Gesinnungsethik und einem unbeteiligten „Wir schaffen das!“ ist keine verantwortliche Politik für die Bürger Deutschlands zu machen. Nicht nur die aktuelle Zuwanderungskrise ist ein Beleg dafür, wie weit sich die Entscheidungen der Regierung von den Realitäten im Land entfernt haben. Nun zu fordern, dass Ortsansässige sich gefälligst dieser Probleme anzunehmen haben, die sie nicht verursacht haben, erscheint mir unangemessen.
Doch zurück zum Artikel und zum Münchener Norden. Es fällt mir auf, dass scheinbar nur der Norden gefragt ist, wenn es um Wohnungen und Verkehrskonzepte geht, die die Landeshauptstadt vor dem Kollaps bewahren sollen. Wo bleibt beispielsweise der Autobahn- oder S-Bahn-Südring um München? Wo gibt es im Süden die Initiativen für bezahlbares Wohnen für Sozialschwache oder Wohnungslose? Was soll man von einer Gesellschaft halten, die auf das Wohl von Juchtenkäfern und Wechselkröten offenkundig mehr Rücksicht nimmt als auf gewachsene soziale (dörfliche) Strukturen?
Die Geschichte lehrt uns, dass Ideologien nie zu vernünftigen Lösungen geführt haben. Heute erleben wir in Deutschland eine Politik, die zunehmend von Umverteilung und Gleichmacherei bestimmt ist. Der ursprüngliche Sinn des Gemeinwohls scheint den Meinungsführern in unserer Gesellschaft abhanden gekommen zu sein. Demokratie wird zunehmend als Selbstzweck missinterpretiert, obwohl sie eigentlich nur ein mögliches Mittel zum Zweck eines funktionierenden und stabilen Gemeinwohls ist. Nicht nur zeitgenössische Denker wie Colin Crouch sprechen davon, dass wir in ein post-demokratisches Zeitalter eingetreten sind. Das Erstarken nationaler Ideen in Europa und USA, der eindeutig erkennbare Verfall von Vertrauen in multi-nationale Konstrukte wie die EU sowie eine zunehmende Globalisierungsskepsis zeigen mir, dass die Feldmochinger weit über ihren Tellerrand schauen und sich nicht in globalen Sozialträumereien ergehen.
Bleibt zu hoffen, dass sich mutige Politiker von der kommunalen bis zur Bundesebene finden, die diese Zeitenwende erkennen und sich gegen den Mainstream der „veröffentlichten“ Meinung stemmen. Ansonsten wird München über kurz oder lang ebenso unregierbar wie Berlin (Berlins Unregierbarkeit lässt sich googlen!).