Das Jahr 2017 beginnt mit einer Hiobsbotschaft für die lärmgeplagten Anwohner des Güterzuggleises durch die Lerchenau und Feldmoching: Die Deutsche Bahn rückt von ihren bisherigen Zusagen ab und will die Feldmochinger Kurve nun doch ohne Planfeststellungsverfahren umsetzen. Damit zerschlagen sich die Hoffnungen auf ein transparentes Verfahren, in dem die Bürger ihre Forderungen nach Lärmschutz einbringen könnten. Lärmschutz braucht es nach Auffassung der Bahn nicht.
Diese Nachricht wurde den Vorstandsmitgliedern des Aktionskreises contra Bahnlärm München Nord (A.c.B.), Stefanie Bartle und Richard Pentlehner, bei einem persönlichen Termin mit dem bayerischen Bahnchef Klaus-Dieter Josel mitgeteilt. Zwischen Weihnachten und Neujahr sei man bei erneuter Prüfung der Aktenlage zu dem Ergebnis gekommen, dass die bereits 1992 erteilte Genehmigung weiterhin Bestand habe, auch wenn seither wesentlich mehr als die zehn Jahre vergangen seien, innerhalb derer eine planfestgestellte Maßnahme nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) umgesetzt werden muss. Laut Rechtsauffassung der Bahn gelten die Verjährungsfristen für diesen Fall nicht, weshalb die Lücke in der Feldmochinger Kurve geschlossen werden solle, sobald die Elektronischen Stellwerke in Milbertshofen und Freimann fertig gestellt seien.
Bahn erklärt Verjährungsfristen für nichtig
„Das ist ein Schlag ins Kontor“, kommentiert Richard Pentlehner die völlig überraschende Entscheidung. Noch im November war dem A.c.B. in einem Schreiben von der DB Umwelt Hoffnung auf ein Genehmigungsverfahren gemacht worden. Nun aber teilte der bayerische Bahnchef unmissverständlich mit, dass die Bahn entlang der Strecke keinerlei Lärmschutz umsetzen werde. Die einzige Entlastung, die die Anwohner erwarten können, sei die in den nächsten Jahren geplante Umrüstung der Güterzüge auf leise Technologien. Auch eine Deckelung der Zugzahlen auf die bisher genannten 48 Züge pro Tag werde man nicht zusagen, so Josel. Stefanie Bartle ist entsetzt: „Während der Umleitungsphase vergangenen Sommer mussten wir erleben, wie unerträglich es ist, wenn täglich bis zu 90 Güterzüge wenige Meter an unseren Häusern entfernt vorbeirattern. Selbst bei 48 Zügen pro Tag sprechen wir von einer Verfünffachung im Vergleich zu den 1980er-Jahren und von mehr als doppelt so vielen Zügen im Vergleich zum Jahr 2011. Und das alles ohne Lärmschutz?“ Besonders bedauerlich sei für die Anwohner, dass die erneute Prüfung der Rechtslage erst erfolgte, nachdem die Einspruchsfrist im Planfeststellungsverfahren für das Elektronische Stellwerk abgelaufen war.
Bahn düpiert die Stadt München
Auch die Stadt München muss sich vor den Kopf gestoßen fühlen. Ihr war in einem Schreiben im April 2016 seitens der Bahn mitgeteilt worden, dass die Reaktivierung der Feldmochinger Kurve vom Verfahren für das Elektronische Stellwerk abgekoppelt würde, damit mögliche Verzögerungen beim Genehmigungsverfahren für die Kurve – also die zu erwartenden Proteste der Bürger gegen die Zunahme des Lärms – nicht die Umsetzung des Stellwerks gefährdeten. Im Juni hatte die Bahn in einem Gespräch den Vertretern der Stadtverwaltung zugesichert, dass es für die Nutzung der Feldmochinger Kurve ein eigenes Planfeststellungsverfahren geben würde.
So verkündet es das Planungsreferat auf dem Portal der Stadt München.
Endlich fertig, schon veraltet
Für das Planungsreferat ist die Kehrtwende der Bahn umso ärgerlicher, als es vor wenigen Tagen mit mehr als eineinhalb Jahren Verspätung die vom Stadtrat geforderte Vorlage zu den Möglichkeiten des Lärmschutzes für die Anlieger bei Reaktivierung der Feldmochinger Kurve präsentierte. Darin heißt es: „Damit [mit dem Planfeststellungsverfahren, Anm. d. Red.] wird ein transparentes Verfahren für die Feldmochinger Kurve möglich, in dem im Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner auch die künftige Belastung dieses Gütergleises offengelegt und der Lärmschutz nach den gesetzlichen Vorschriften geregelt werden muss.“ Das Papier endet mit der Schlussforderung, dass die Frage nach Lärmschutzmaßnahmen erst im Zuge des Genehmigungsverfahrens gestellt werden könne, in das sich die Stadt München entsprechend einbringen werde. Kurz nach Erstellung ist diese Vorlage der Stadtverwaltung, deren Erstellung sich aufgrund „langwieriger Abstimmungen mit der Deutschen Bahn AG“ so lange verzögert hat, bereits hinfällig geworden.
BA 24 hätte sich die Arbeit sparen können
Und auch der BA 24, der in seiner öffentlichen Sitzung am 10. Januar nach einiger Diskussion dem Beschlussentwurf aus dem Planungsreferat nur mit der Maßgabe zustimmte, dass es für die Anwender den „größtmöglichsten Lärmschutz“ gebe, hat sich umsonst damit befasst.
Obwohl gerade in Feldmoching die Areale in Bahnnähe mit zig Tausenden von neuen Wohnungen bebaut und verdichtet werden sollen, wird den Bewohnern weiterer Lärm zugemutet. Da bleibt nur zu hoffen, dass endlich mehr Leute aufstehen und sich die Erweiterung der A99 ohne Lärmschutz, die Verlegung der Polizeifliegerstaffel nach Oberschleißheim (in der BA-Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert!) und die Ausweitung des Güterverkehrs auf der Schiene nicht mehr gefallen lassen.
Kommt Hilfe von Seiten der Politik?
Der A.c.B. und die von ihm vertretenen Anwohner hoffen nun jedenfalls auf tatkräftige Unterstützung durch die Politik. Bisher hatte sich die Stadt München immer als nicht zuständig erklärt und für jeden Lärmschutz auf die Bahn als den Verursacher verwiesen. Auch auf das freiwillige Lärmsanierungsprogramm des Bundes können die Anlieger in naher Zukunft nicht hoffen, da dieses Gebiete mit Gebäuden begünstigt, die vor 1974 erbaut wurden. Der überwiegende Teil der betroffenen Häuser ist jedoch jünger. „Ich verstehe nicht, dass die Stadt München massenhaft neue Wohngebiete ausweist entlang dieser bis vor wenigen Jahren kaum befahrenen Bahnstrecke ohne jeden Lärmschutz, sich dann aber für nicht zuständig erklärt, wenn die Zugzahlen massiv steigen“, kommentiert Bartle. „Wir sind alle hierher gezogen im Vertrauen, dass es sich um ein nahezu stillgelegtes Gleis handelt.“
Bundestagsvizepräsidenten Johannes Singhammer, mit dessen Hilfe das Treffen zwischen dem A.c.B. und der Bahn zustande gekommen war, will sich auf jeden Fall in Berlin für die Lerchenauer und Feldmochinger Bürger einsetzen.
Stefanie Bartle/rer
Eichhorn meint
Die alte Strecke nach Landshut gibt es seit deutlich mehr als 100 Jahren!
Ich verstehe Anwohner wegen Lärm aber wer war zuerst da?!
„Stillgelegtes Gleis“ wer ist bitte darauf gekommen?!?!
Satire an: Als Alternative biete ich den neuen Gigaliner LKW an……..
tststs
W. Eichhorn