Die Fraktion von ÖDP und München-Liste hat heute einen Antrag in den Stadtrat eingebracht, wonach die Verwaltung beauftragt werden solle, ein Konzept zur Deckelung des Wachstums der Landeshauptstadt München zu entwickeln und dieses dem Stadtrat noch in diesem Jahr zur Abstimmung vorzulegen. Hierbei sollen auch alle noch nicht gesatzten aber bereits aufgestellten bzw. gebilligten Bebauungspläne berücksichtigt werden. Die zukünftige Entwicklung der Stadt soll organisch, ökologisch, klimaneutral und ökonomisch erfolgen.
ÖDP und München-Liste begründen ihren Antrag wie folgt: „Die Debatte der Vollversammlung und der Bericht des Stadtkämmerers am 24.07.2024 haben ganz klar gezeigt, dass die Landeshauptstadt München das seit 2006 anhaltende Wachstum (Einwohner von 1968-2006 ca. 1,3 Mio. von 2006 -2024 ca. 1,6 Mio.) auch finanziell nicht mehr stemmen kann. Bereits 2028 droht eine Verschuldung von ca. 10 Mrd. Euro. Es ist mittlerweile in ganz Deutschland volkswirtschaftlich anerkannt, dass ein ungezügeltes Wachstum, wie in München (in 18 Jahren ein Zuwachs von 300 000 Einwohnern) für eine Kommune unfinanzierbar ist. Die Kosten der Infrastruktur für diese Menschen übersteigt das Aufkommen der Einkommensteuer (kommunaler Anteil ca. 12 %), der generierten Umsatz- und Gewerbesteuer bei Weitem. In München kommen zu den Kosten neu zu schaffender Infrastruktur noch der seit Jahrzehnten anstehende Sanierungsstau hinzu (z.B. Schulen, Gasteig, Olympiastadion, Straßen, Brückenbauwerke, etc.) hinzu. Neben dem ökologischen und klimatischen, droht nun massiv der finanzielle Kollaps.
Gemeinden im Münchner Umland, wie beispielsweise Karlsfeld, haben auf diese Entwicklungen bereits reagiert. Überparteilich ist es Konsens, dass Karlsfeld die Kosten für weiteres Wachstum nicht stemmen kann. Es wird davon ausgegangen, dass ab 25.000 Einwohner Investitionen in die soziale sowie verkehrliche Infrastruktur und in die Kanalisation und Wärmeversorgung nötig wären, die die finanziellen Möglichkeiten Karlsfelds weit überschreiten. Daher werden keine neuen Bebauungspläne mehr aufgestellt.
In München jedoch wird das Wachstum als goldenes Kalb verehrt. Anstatt das Wachstum zu gestalten und reduzieren, läuft die Stadtratsmehrheit immer nur hinterher. Wir haben in München deutschlandweit die höchsten Mieten, zu wenige Kita- und Kindergartenplätze, volle Schulklassen und leere Stadtkassen. Es ist ein Irrglaube, dass in einem geometrisch begrenzten Raum zusätzlicher Wohnungsbau zu günstigen Mieten führen würde. Wachstum zieht immer weiteres Wachstum nach sich. Dies beweisen weltweit alle Metropolregionen. Wir müssen diesen Teufelskreis endlich durchbrechen.“
Dr. Karl Hofmann meint
Die Debatte über begrenztes Wachstum ist auch in München überfällig! Das Denken in den Kategorien „Bebauungsplan“ und „Flächennutzungsplan“ bewältigt die Problematik nicht, weil hier die ganzheitliche Betrachtung aller relevanten Parameter, auch der soziologischen und finanziellen auf der Strecke bleibt! Deshalb hat z.B. Oberhaching eine „Entwicklungsplanung“ vorangetrieben, um die bisherigen Fehlsteuerungen auszugleichen. Als Gemeinderatsmitglied (42 Jahre) und Verwaltungsjurist konnte ich diese Entwicklung mit beeinflussen und zum Erfolg führen..
Freilich ist es kaum möglich, ein Nullwachstum aus der Retorte zu zaubern. Aber ein moderates Wachstum und gute Gestaltung sind realistisch. Deshalb haben wir vor kurzem auch das ökologische Bauen mit ganzheitlicher Betrachtung in einer Tagung der „Initiative Münchner Architektur und Kultur (AKU)“ behandelt und in einer eigenen Veranstaltung des Thema „Sanieren statt Abreißen“. Dass der Münchner Baureferent Thomas Rehn ökologischen Gesichtspunkten Raum lässt und den unvermeidbaren Entwicklungen durch Dachgeschoßausbau Rechnung trägt, ist ein Hoffnungsschimmer!
* http://www.bi-muenchen.de
Reiner F meint
Dieses sehr ernsthafte Thema sollte von der politischen Stadtspitze Münchens aufgegriffen und nur mit aller gebotenen Sachlichkeit und wissenschaftlichen Expertise diskutiert und vorangetrieben werden. Was München heute unter rein ideologischen Irrungen versäumt bzw. falsch entscheidet und damit für die weitere Entwicklung unserer Stadt irreversibel versäumt bzw. verbaut, könnte in späteren Jahren mit sehr üblen, schmerzhaften Entwicklungen und Ergebnissen enden. Dafür gibt es leider weltweit reichlich Beispiele. Schaut sie euch an!!
Wer wird denn einmal in späterer Zeit dafür die Verantwortung übernehmen und tragen ? Niemand!! Denn, die heutigen politischen Städtebauplaner und Planerinnen werden dann vermutlich nicht mehr in Amt und Würden stehen oder gar nicht mehr da sein.
Leute, nehmt den Begriff des Wortes Verantwortung (für die Lebensverhältnisse der künftig in München lebenden Menschen) nicht auf die leichte Schulter, sondern unterstellt dem Postulat der „Verantwortung für ein auch künftig humanes Leben in München“ alle eure heutigen Entscheidungen.
An Mahnungen dafür mangelt es nicht. Politische ‚Arroganz und allgemeine Besserwisserei vor ideologischen Hintergründen bergen ganz große Gefahren – schon für unsere Kinder und Kindeskinder. Darum: Wacht endlich auf und schaut heute auf diese unsere Welt, was da alles furchtbar schief läuft.
Bernd meint
Bravo. Da kann ich nur zustimmen. Leider habe ich kaum Hoffnung, dass die Mandatsträger in Zukunft mit gesundem Menschenverstand agieren. Ideologie, Verbortheit und Unwissenheit stehen im Vordergrund. Wenn es so weitergeht, wird unser München zerstört. Die ersten Schritte dazu sind längst getan. Und die Wähler sind augenscheinlich auch verblendet.
Jimi meint
Ja, so ist es wenn Lobbyismus in der Stadtplanung vorherrscht, Bürgerinteressen ignoriert und keine Verantwortung der Stadtspitze für die Lebensbedingungen kommender Generationen übernommen werden.
Hier ist beschrieben wie Stadtentwicklung in München so abläuft: http://www.muenchenwiki.de/wiki/Moloch_München