Tag 2 der Ideenwerkstatt. Zweite Eröffnung und erneute Vorstellung der fünf Planungsteams. Dieses Mal im Fat Cat, dem Gasteig-Rest, der bis zu seiner Sanierung als Kulturzentrum zwischengenutzt wird. Zentrale Location. Anderes Publikum. Auffällig viele Jüngere. Offenbar viele Architekturstudenten, künftige Stadtplaner und Landschaftsgärtner, die natürlich das Format einer Ideenwerkstatt spannend finden. Aus dem 24. Stadtbezirk: Ein gutes Dutzend Menschen (darunter Heide Rieke). Zumindest nach unserer Einschätzung.
Auch die Eröffnungsrede in der Stadt war natürlich Stadtbaurätin Elisabeth Merk vorbehalten. Erneut erläuterte sie, worum es in dieser Ideenwerkstatt geht und welche Chance sie bietet: Hier gebe es ein ungefiltertes neues Draufschauen auf den Raum – von außen. Tags zuvor war das ein Kritikpunkt aus der Bevölkerung gewesen, weil die allermeisten Teams nicht aus München kommen, sondern aus Dänemark, der Schweiz, Hamburg, Berlin, Hannover … Dabei könne man transparent miterleben, wie Planung gehe, wie so ein großer Raum gedacht werde. Wer verantwortungsvoll in Zeiten des Klimawandels, aber auch der knappen Ressource Boden bauen wolle, müsse neben der Infrastruktur auch die Ökologie und die klimatischen Zusammenhänge, auch für die gesamte Stadt, mitdenken. Mobilität sei ferner ein großes Thema, schließlich sei im Münchner Norden schon viel nachverdichtet worden. Dazu kämen an vielen Stellen für München ansonsten ungekannt hohe Grundwasserstände. (Klar, ein Gutteil des 24. Stadtbezirks war schließlich einst Moorgebiet, Ausläufer des Dachauer Mooses.) Hier müsse die Stadt, ob dort nun gebaut werde oder nicht, Lösungen für die Zukunft entwickeln. Außerdem habe das agrarstrukturelle Gutachten im Vorfeld gezeigt, dass die nächste Generation größtenteils die Landwirtschaft und Gärtnerei ihrer Väter fortführen wolle. Daher werde man gewiss nicht alles bebauen.
Und Merk machte deutlich, dass durch die Abwendung von den fossilen Energieträgern die Energiewirtschaft Flächen für ihre neue Energie-Infrastruktur brauche. Das alles müsse mitbedacht werden. Es gehe also darum, Möglichkeitsräume auszuloten. Denn nichts zu tun, sei auch immer eine Entscheidung, und meist nicht die beste. Am Ende entscheide der Münchner Blick – der Stadtrat.
Womöglich Abänderung des Zeitplans
Eigentlich war für die Woche vom 15. bis 21. Januar 2025 geplant, dass die Ergebnisse der Ideenwerkstatt, Modelle und eventuelle sonstige kreative Präsentationen, in den Räumen der Stadtbibliothek im Kulturzentrum 2411 den Bürgern vor Ort gezeigt werden. Und am Mittwoch, den 22. Januar wollte das Planungsreferat die Ergebnisse in der Aula der Städtischen Nelson-Mandela-Berufsoberschule (Schleißheimer Str. 510) vorstellen. Eigentlich. Nun ja, inzwischen haben wir einen Bundestagswahlkampf. Und – eigentlich – dürfen die Referate sechs Wochen davor keine Veranstaltungen mehr machen, meinte Merk. Zudem würde das Thema ganz gewiss sehr politisch werden (man denke nur das Planungsinstrument SEM). Hier wird es also womöglich Verschiebungen im Zeitplan geben.
Freiraumgestaltung & Mobilität
Anschließend hielten Rasmus Duong-Grunnet und Stefanie Bremer zwei interessante Impulsvorträge.
Duong-Grunnet ist Stadtplaner aus Kopenhagen, doch eigentlich gab er einen Impuls von drinnen, denn er ging auf die Ergebnisse einer Studie ein, die sein Büro im Auftrag Münchens über die Nutzungsmuster öffentlich zugänglicher Freiräume im Zuge des soziodemografischen Wandels in München vor zwei Jahren erstellt hat.
Ergebnis: die Münchner bleiben gerne in ihrem Viertel (68 %) und wollen die Freiräume gerne zu Fuß erreichen (90 %) bzw. per Fahrrad (79 %) oder ÖPNV (74 %) – eine gute Botschaft auch für das eh schon völlig übernutzte Voralpenland. Wichtig sei ihnen dabei die gute Luft und dass die Gegend einladend und naturnah ist. Die einen suchen Ruhe, den anderen kann es gar nicht quirlig genug sein. Es brauche daher für beide Gruppen Angebote. Interessant bei der Untersuchung und vielleicht auch für die Planungsteams: Am häufigsten aufgesucht werden heute der Englische Garten und die Isar, der Münchner Grüngürtel und die Freiraumkulissen an den Stadträndern hingegen seien nicht so im Fokus der Stadtgesellschaft. Das biete Potenzial und könnte interessante Lösungen ergeben.
Stefanie Bremer ist Professorin an der Uni Kassel und forscht dort an der Planung und Gestaltung von großer und kleiner Verkehrsinfrastruktur als Entwicklungsbaustein einer Stadt, denn „die Mobilität bestimmt den Flow der Menschen“. Aber eigentlich sprach sie erst einmal von Stadtentwicklung und stellte die provokante Fragen, warum man nicht ein Dorf weiterentwickeln könne (spontaner Applaus einer Feldmochingerin). Denn in einem Dorf pendelten die Menschen nicht. Weiterer Tipp: Fangt mit den Kinderwegen an, dass die absolut sicher sind. Fangt mit den Traktoren an. Denn Räder und Traktoren müssten getrennt werden, auch wenn die beiden nebeneinander niedlich aussähen (macht in Feldmoching trotzdem Spaß, wenn ein Jungbauer von seinem Riesenteil freundlich der Radlerin zuwinkt!). Fangt mit den ÖV-Trassen und den Radwegen an, damit die Menschen ihre Zielorte cleverer erreichen könnten. Ihre Vorstellung als Verkehrsplanerin: keine neuen Produktionsstätten für Kreative, keine Ateliers und Probenhäuser, wie es jemand in der Fragerunde aus dem Publikum für den 24. Stadtbezirk wünschte. Keinen zusätzlichen Verkehr erzeugen, ihr Credo. Aber Wohnraum für BMW-Ingenieure etwa.
Die offenen Werkstätten sind zweifellos spannend
Und dann konnte man in die offenen Ateliers spazieren, über die großen Stadtpläne treten, mit den Planern reden. Ein spannender Austausch, interessant die Fragestellungen der Planer, was sie von Ortskundigen so alles wissen wollten. Ihre Wege, ihr Einkaufsverhalten, die Vernetzung zwischen den einzelnen Stadtvierteln im 24. Stadtbezirk. Wie man die Seen nutze, wer dorthin wie komme, die leidigen Bahnschranken, die Probleme mit dem Grundwasser …
Als sich nach 21 Uhr eine kleine Gruppe von Feldmochingern bei der S-Bahn traf, war man sich schnell einig: wenn schon Stadtplanung, dann so.
Bürgerversammlung oder Experten vor Ort
Dass allerdings just am Mittwoch, also heute, nachmittags die Experten vor Ort sind, die die Gutachten verfasst haben, ist eine Fehlplanung. Denn heute ist Bürgerversammlung im 24. Stadtbezirk. Und zu sagen, die Veranstaltung im Fat Cat ginge ja nur bis 18.30 Uhr, damit die Bürger noch dorthin kämen, zeugt schlicht von Unkenntnis der Wege. Selbst wenn man sich abhetzte und die S-Bahn um 18.37 bekäme, wäre diese, vorausgesetzt, sie ist einmal pünktlich, die S1-Verdrusslinie, erst um 19 Uhr am Bahnhof in Feldmoching. Und von dort hat man dann entweder noch einen strammen Fußmarsch von 20 Minuten zur Mehrzweckhalle vor sich oder man wartet auf den Bus … und kommt auch nicht eher an.
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